Sturmfluten an der Nordsee: Der Orkan zieht ab

WETTER Das Sturmtief „Xaver“ verläuft relativ glimpflich. Auch dank präziser Vorhersagen

BERLIN taz | Das Orkantief „Xaver“ hat in Deutschland weniger Schäden verursacht als befürchtet, obwohl es neben viel Wind auch drei Sturmfluten brachte. Grund dafür sind auch die Vorbereitungen der örtlichen Einsatzkräfte aufgrund präziser Vorhersagen von Meteorologen und Hydrologen. Der Orkan wütete auch in den Nachbarländern. Im Zusammenhang mit dem Sturm meldeten Polen, Schweden, Dänemark und Großbritannien mindestens sieben Todesfälle binnen zwei Tagen.

In weiten Teilen Schwedens kam der Straßen- und Schienenverkehr auf vereisten Strecken zum Erliegen. Wie in Deutschland wurden auch in Schweden, Dänemark, Norwegen und Polen zahlreiche Flüge gestrichen; verbreitet kam es auch zu Stromausfällen. Der Bahnverkehr in Norddeutschland wurde stark behindert. Auf einigen Halligen hieß es „Land unter“.

In Norddeutschland hatten die Behörden den Orkan von Anfang an sehr ernst genommen. Schließlich haben viele Menschen noch die verheerende Sturmflut an der Nordsee von 1962 in Erinnerung, deren Ursache eine ähnliche Wetterlage wie jetzt war. Damals starben nach Deichbrüchen allein in Hamburg mehr als 300 Menschen. Seither wurden aber die Deiche an Küste und Elbe massiv erhöht und verstärkt.

Bereits vor einigen Tagen warnten die Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes vor einer gefährlichen Sturmflutwetterlage. Stürme und Sturmfluten gibt es immer wieder, aber bei bestimmten Konstellationen wird es besonders gefährlich. Dabei spielen neben den Gezeiten die Windstärke, die Winddauer, die Windrichtung und die Windlauflänge eine wichtige Rolle. Letztere bezeichnet das Gebiet, über dem ein Wind oder ein Sturm wirkt. Es ist ein Unterschied, ob ein Sturm ein relativ kleines oder ein großes Meeresgebiet überzieht – je größer beziehungsweise länger das Sturmgebiet ist, umso höhere Wellen bauen sich auf.

Bei „Xaver“ nun kamen wie im Jahr 1962 mehrere ungünstige Faktoren zusammen. Der Sturm blies stramm aus Nordnordwest über die gesamte Nordsee und Teile des Nordatlantiks – und drückte so enorme Wellen und Wassermassen in die Elbe gen Hamburg. Der Wasserstand lag dort bis zu vier Meter über dem durchschnittlichen Höchststand einer Flut – aber die Stadt war gut vorbereitet. RICHARD ROTHER