Fusion zur größten Wertpapier-Börse der Welt

New York und Euronext gehen zusammen. Die Deutsche Börse AG in Frankfurt bleibt allein, Partner nicht in Sicht

BERLIN taz ■ Die Welt der Börsen ordnet sich: Die New Yorker Stock Exchange (Nyse) und die Mehrländerbörse Euronext wollen fusionieren. Das gaben beide Börsen Donnerstagnacht bekannt. Acht Milliarden Euro will die Nyse für die Euronext bezahlen, die bisher in Brüssel, Lissabon, Amsterdam sowie Paris vertreten ist und außerdem die Terminbörse Liffe in London betreibt.

Die neue Börse soll „Nyse Euronext“ heißen – und wäre mit Abstand die größte Börse der Welt. Die Aktionäre müssen noch zustimmen. Wichtige Akteure im Börsenpoker sind die Hedgefonds, die zum Teil an mehreren Börsen gleichzeitig Aktien besitzen.

Damit steht die Deutsche Börse in Frankfurt weiterhin ohne Partner da. Sie hatte sich ebenfalls intensiv um die Euronext bemüht und zuletzt 8,6 Milliarden Euro geboten. Allerdings blieben wichtige Streitfragen offen – dazu gehörte die Machtverteilung zwischen Frankfurt und Paris.

„Nun wird die Deutsche Börse nach weiteren Partnern suchen“, erwartet Jürgen Kurz von der Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz. Doch werden die potenziellen Partner knapp: Die US-Technologiebörse Nasdaq hat inzwischen 25,1 Prozent der Londoner Börse LSE gekauft. Außerdem wurde gestern bekannt, dass Euronext auch mit der Mailänder Börse über eine Fusion verhandelt. „Das war ein schwarzer Freitag für die Deutsche Börse“, bilanziert daher der Erlanger Finanzprofessor Wolfgang Gerke, der auch im Börsenrat der Frankfurter sitzt. Umso optimistischer ist die neue Nyse Euronext. Sie hofft, jährlich 295 Millionen Euro einzusparen. Allein 195 Millionen will man kürzen, indem nur noch eine Software benutzt wird – und nicht mehr sechs IT-Systeme. Zudem würde die erste transatlantische Börse entstehen, die dank der Zeitverschiebung einen Handel fast rund um die Uhr anbieten kann. Der Kurs der Nyse hat bisher vom Fusionspoker nicht profitiert. Im Vergleich zum Höchstkurs im März ist das Papier bereits um rund 30 Prozent eingebrochen. Die Euronext-Aktien hingegen legten gestern um 1,7 Prozent zu. Und der Kurs der Deutschen Börse hielt sich stabil.

„Die Aktionäre finden es klasse, dass die Deutsche Börse viel Geld gespart hat und nun ihre Gewinne an die Anleger ausschütten kann“, erklärt Aktionärsvertreter Kurz. Auch die Skepsis vieler Nyse-Anleger kann Kurz gut verstehen: „Die Fusion kostet immerhin Milliarden.“ ULRIKE HERRMANN

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