LESERINNENBRIEFE
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Kniefall vor Monsanto, Bayer & Co

■ betr.: „Schwarz-Gelb kürzt Geld für Bio“, taz vom 3. 6. 10

Schleswig-Holstein, das Land zwischen Gülletanks und Autobahnen, in dem es mehr Schweinequälställe als Kindergärten gibt, das zwischen März und November von Segeberg bis Flensburg nach Schweinepisse stinkt und wo die Bauern die Natur- und Kulturdenkmäler der Knicks ungestraft zu Hecken qualsäbeln dürfen, sogar Universitäten die Privatisierung droht, kürzt nun auch qua Regierungsbeschluss den Biobauern – den Einzigen, die sich noch um Luft und Boden sorgen! – die Zuschüsse. Im Rahmen der Eingliederung des Umweltschutzes in das Landwirtschaftsressort, angesichts der braun-schwarzen Bauernhistorie im Land und der unfähig-ignoranten Carstensen’schen Politik ein in der schwarz-gelben Programmatik konsequenter Schritt: alles für den Profit, inclusive Kniefall vor Syngenta, Monsanto, Bayer und Co. CLAUDE SÁ HAMP, Flinx, Irland

Alle in der Verantwortung

■ betr.: „Apple ist in der Verantwortung“, taz vom 28. 5. 10

Apple polarisiert. Es gibt Apple-Fans und PC-Fans, zwischendrin sieht es eher mau aus. Ich gehöre zu den Ersteren und dies seit ca. zwei Jahrzenten. Dieser Tage las ich öfter von Apple-Zulieferer Foxconn und deren geschundenen Mitarbeitern. Mehrere Menschen haben sich bereits aufgrund der miserablen Arbeitsbedingungen umgebracht. Das ist traurig. Doch überall wird vom Apple-Zulieferer, iPhone-, bzw. iPad-Hersteller geschrieben. In Nebensätzen oder Infokästen erfahre ich, dass alle großen Computerhersteller, Dell, HP, Sony, Motorola und wie sie alle heißen, dort produzieren lassen. Das ist Meinungsmache auf unterstem Niveau. Hier sind alle in der Verantwortung, nicht nur Apple. WOLFGANG PAVLICEK, Tettnang

Ein Polizeischutzverein

■ betr.: „Knallhart gegen Gewalt“, taz vom 29./30. 5. 10

Da die Bundesregierung besorgt ist, dass durch immer mehr Gewalt die Polizei bedroht ist, rege ich an, einen Polizeischutzverein zu gründen. Im Übrigen hat dies schon Georg Kreisler vor einigen Jahrzehnten angeregt, aber niemand hat es für nötig empfunden, dies in die Wege zu leiten. NILS SCHULZ, Lörrach

Schlechtes Standing bei den UN

■ betr.: „Der aufgebrachte Passagier“, taz vom 4. 6. 10

Henning Mankells Israelbild scheint mir differenzierter als Ihres zu sein, denn dass die Gründung Israels 1948 keine völkerrechtlich legitimierte Handlung war, ist eine schlichte Tatsache, nicht nur wegen der gebrochenen Versprechen der damaligen britischen Mandatsmacht für die palästinensische Bevölkerung. Das heißt nicht, dass der Staat Israel gegenwärtig kein Recht hätte zu existieren, und diese Folgerung darf man wohl auch Henning Mankell nicht unterstellen. Natürlich dürfen und sollen die Israelis dort leben. Die Staatsgründung Israels unterscheidet sich zunächst nicht von der vieler anderer Staaten, nur tut Israel wenig dafür, die Ungerechtigkeiten von damals heute ins Lot zu bringen. Im formalen Völkerrecht ist es sein schlechtes Standing in den Vereinten Nationen, das die Defizite bei der Staatsgründung nicht vergessen lässt. Die Legitimität der Regierung (nicht des Staates) leidet nach dem humanitären Völkerrecht unter der Verweigerung einer menschenwürdigen Versorgung und Bewegungsfreiheit in Palästina und unabhängiger Untersuchungen bei den Übergriffen von Armee und Geheimdienst. Bis zu einer Zwei-Staaten-Lösung ist der aktuelle Zustand ein Provisorium.

MARTIN ROGER, Hannover

Ein echtes Solidarsystem

■ betr.: „Showdown bei Seehofer“, taz vom 1. 6. 10

„Der Straßenreiniger zahlt so viel wie die Unternehmenschefin“, heißt es im Artikel. Das setzt voraus, dass die Unternehmenschefin sich solidarisch freiwillig über das allgemeine Kassensystem versichert – egal, ob wie bisher über Beiträge oder über eine Pauschale. Da sie aber jenseits der Versicherungspflichtgrenze ins private Luxussystem ohne Solidarbezug wechseln kann (und wird), hinkt dieser immer wieder gelesene Vergleich mächtig.

Ein echtes Solidarsystem würde alle Bürger umfassen, es würde nach Leistungsfähigkeit belasten und jedem einen angemessenen Krankenschutz bieten, aber die Möglichkeit einer privat finanzierten Zusatzversicherung offenlassen. Es gibt dieses Finanzierungssystem bereits, es heißt progressive Besteuerung, etwa durch einen Zuschlag zur Einkommensteuer oder eine separate Gesundheitssteuer. So entstünde ein horizontales System aus allgemeinen Standardleistungen und privatem Aufbauschutz statt eines vertikalen, die Bevölkerung spaltenden Zwei-Säulen-Systems. MAIK HARMS, Hamburg

Mehr Basisdemokratie

■ betr.: „Rot-Grün für neue Gauck-Behörde“, taz vom 5./6. 6. 10

Manche taz-Leser & -Leserinnen wollen eventuell gerne Joachim Gauck in’s Schloss Bellevue schicken. Sie würden dies vielleicht sogar jenen Wahlfrauen und Wahlmännern nahelegen wollen, die nicht als stramme Wulff-Anhänger gelten. Das wäre doch eine nützliche Aufgabe für die taz-Redaktion: Erstellung und Abdruck einer entsprechenden E-Mail-Adressenliste. So viel Basisdemokratie bei der Präsidentenwahl könnte schon sein! KLAUS JÜRGEN SCHMIDT, Balge