Ein fremdes Brett

Janine Rostron aka Planningtorock gab sich bei ihrer Record-Release-Show in der Volksbühne toll exzentrisch

Im Anfang hing der Himmel voller Geigen. Dezent fiedelten sie irgendwas Klassisches zum Einlass, aus den obersten Etagen von Bert Neumanns Neustadt. Nach all den vielen Shows, die es in den letzten zwei Jahren von der Wahlberlinerin zu sehen gab – Club Transmediale, Festsaal Kreuzberg, Zentrale Randlage, Volksbühne etc. pp. –, nach all dem Getoure quer durch Europa, feierte Janine Rostron aka Planningtorock endlich die Veröffentlichung ihres Debütalbums.

„Have It All“ erscheint passgenau bei Chicks On Speed und ist ein sehr besonderer Tonträger geworden (s. taz vom 26.5.). Da durfte ein Streichquartett zu Beginn der Record-Release-Show schon sein. Auf weitere Feierlichkeiten verzichtete Rostron aber. Auch wenn sie „A Unique Show“, mit Ausrufezeichen dahinter!, angekündigt hatte: Was sie in der Bretterbuden-Neustadt aufführte, war fast Understatement. Auf ihr sonst kalkweiß zur Maske geschminktes Gesicht verzichtete sie genauso wie auf ihren plastikgehirnverzierten Magierinnenstab, holte dafür ihr Publikum ganz nah heran und gab ein intimes Ein-Frau-Kammerkonzert.

In weißen Pluderhosen und Gymnastikschläppchen, mit übergroßem Jackett zu lässiger Unvorteilhaftigkeit gerundet, vollführte Rostron an einem Stuhl Turnübungen und zog sich das zu weite Beinkleid mit abgewandeltem Sackgriff in den Schritt. Dazu spielte ihr Laptop die Musik, und sie sang in ihren Stimmen. Dahinter auf der Leinwand: immer nur Rostron selbst, in Videos, kaleidoskopisch vervielfacht, beim Headbangen in Zeitlupe, beim Posen auf Kühlerhauben, die Achseln mit der Behaarung präsentierend, behängt mit riesenhaften „PTR“-Buchstaben – Flavor Flavs Uhr ist nichts dagegen. Alles ein bisschen theorie-altbacken in Richtung „Ich bin viele“ und sehr kunstig.

Gut, dass Rostron auf Musik umgestiegen ist, nachdem sie vor vier Jahren von der Sheffielder Kunstakadamie nach Berlin übersiedelte. Denn Achselbehaarung hin oder her: Planningtorock ist, wenn sie Musik macht, sowohl im künstlerischen als auch im feministischen Sinne effektiver. Ob sie mit Pizzicato-Streichern gestützte R’n’B-Oper aufführt oder mit Blast-Synthies einen geschickt renovierten Electroclash: Sie brettert – und zwar natürlich, extrovertiert und exzentrisch zugleich. Wie sie maunzte, trillerte und lobenswerte Textzeilen schlenzte – „Don't want what you don't want. Just want what you want want“ –, da stärkte sich der Glaube: Die hat alles und wird alles kriegen.

KIRSTEN RIESSELMANN