Zäsur bei Holtzbrinck

Dass sich der ältere Bruder Dieter weiter vom Konzern zurückzieht, deutet auf große Dinge, die da kommen

Er ist ein Mann der leisen Töne, und ein Interview – und dann auch noch eines mit der taz – kam für ihn nie in Frage. Wenn Dieter von Holtzbrinck jetzt sagt, selbst das Abschiedsinterview im hauseigenen Tagesspiegel, noch dazu geführt vom hauseigenen Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo, falle ihm schwer, ist das wahrscheinlich nicht mal Koketterie. Der Mann tickt so.

Ende Juni steigt der 65-Jährige, der ein Drittel an der gleichnamigen Verlagsgruppe (Zeit, Handelsblatt, diverse Regionalzeitungen, Buchverlage Rowohlt und S. Fischer) hält, aus dem von seinem Vater Georg 1936 gegründeten Unternehmen aus. Seinen Posten als Aufsichtsratschef übernimmt Ex-Ministerpräsident und Jenoptik-Chef Lothar „Cleverle“ Späth. Seinen Firmenanteil will Dieter von Holtzbrinck an eine Familienstiftung übertragen.

Doch keine Angst, umbenennen muss sich der Medienkonzern deshalb nicht. Schließlich steht seit fünf Jahren Dieters adoptierter Halbbruder Stefan von Holtzbrinck an der Spitze. Und gemeinsam mit Monika Schoeller, geborene von H. hält die Familie auch weiterhin alle Zügel in der Hand.

Und auch wenn Holtzbrinck in letzter Zeit ein wenig glücklos agiert hatte, stehen jetzt offenbar große Dinge bevor: Ja, man musste die Berliner Zeitung weiterverkaufen, bevor sie einem „richtig gehörte“ (Dieter v. H.): Weil Holtzbrinck in Berlin schon den Tagesspiegel verlegt, untersagte das Kartellamt den Kauf einer weiteren Regionalzeitung in der Hauptstadt.

Doch nun gilt Holtzbrinck als ein Favorit bei der Übernahme der angeschlagenen Frankfurter Rundschau. Sie wird ab Juli von Uwe Vorkötter geführt, und man kennt sich von ebendieser Berliner Zeitung. Mit dem in der Hauptstadt ansässigen Tagesspiegel ließe sich da manches gemeinsam anstellen. Und noch ein Indiz spricht dafür: News, das glücklose Kompaktblatt der Holtzbrincks, hat in Frankfurt/Main dichtgemacht. Und soll im Herbst in Berlin wieder auferstehen. – Wohl als Konkurrenz zu Springers erfolgreicher Welt kompakt. STEFFEN GRIMBERG