LESERINNENBRIEFE
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Gute Ideen setzen sich durch

■ betr.: „BVG fährt Werbung für Toleranz“, taz vom 31. 5. 10

Schön, wenn sich gute Ideen durchsetzen und Nachahmer finden. Bereits seit zwei Jahren fährt in Magdeburg unter dem Motto „Vielfalt gemeinsam erleben“ eine ähnliche Straßenbahn im Regelbetrieb der Magdeburger Verkehrsbetriebe.

Dies hatte damals die kleine, ehrenamtlich arbeitende Initiative „Hingucken … denken … einmischen“ zusammen mit den Verkehrsbetrieben ins Rollen gebracht.

CHRISTINE BÖCKMANN, Magdeburg

Wie viel Supermarkt brauchen wir?

■ betr.: „Rot-Rot schrumpft Märkte“, taz vom 4. 6. 10

Wie viel Supermarkt braucht der Mensch? Eine wohlüberlegte Stadtplanung, die auch den Schutz bestehender Einzelhändler berücksichtigt, könnte eigentlich parteiübergreifend begrüßt werden.

Finden wir denn nicht alle unser Viertel schöner mit einer bunten Vielfalt an vielen kleinen Bäckern, Obst- und Gemüsehändlern, Fleischereien, Kiosken, Feinkostläden, Spätkaufs, Cafés etc.? Die großen Unternehmen sind eh präsent genug – also wozu die Aufregung.

KRISTYAN GEYR, Berlin

Kiezkrauter gehen ein

■ betr.: „Rot-Rot schrumpft Märkte“, taz vom 4. 6. 10

Zu kurz gegriffen haben beide Kommentatoren, Sebastian Heiser aber viel zu kurz, argumentiert er doch fast so extremistisch wie die selbsternannten Hohen Priester des Marktradikalismus von der FDP. Recht hat er allerdings damit, dass der Senat falsche Werkzeuge benutzt, wenn es ihm ums Stadtbild oder die Hungerlöhne der VerkäuferInnen geht.

Stefan Alberti ist aber auch zu sehr in der systemimmanenten Argumentation des Senats befangen, wenn er versäumt, die Frage zu stellen, warum die Krauter im Kiez derzeit nicht mit den „Discountern“ konkurrieren können. Wie wäre es, sich daran zu erinnern, dass es einst eine progressive Besteuerung gab, die die Reichen nach ihren weitaus größeren Möglichkeiten zur Kasse bat?

Eine solche Besteuerung würde, kombiniert mit Mindestlöhnen, die Reichen mit ihren Lebensmittelketten zunächst zu höheren Preisen zwingen, mit denen Tante Emma und Onkel Ali konkurrieren könnten. Für bisher arme Transferleistungsempfänger böte das erhöhte Steueraufkommen die Möglichkeit der Heraufsetzung ihrer Transferleistungen.

Diese Menschen könnten sich dann ebenso wie die bisher unter Lohndrückerei Leidenden unter Mindestlohnbedingungen in der Tat endlich einmal frei aussuchen, ob sie in ganz großen oder ganz kleinen Läden einkaufen wollen. Allerdings ist mir durchaus bewusst, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen für solch weitreichende Änderungen nicht allein auf Berliner Ebene zu regeln sind.

ORTWIN ZEITLINGER, Berlin

Arrogante Siegergeste

■ betr.: „Danke, Griechenland!“ (Kein Geld für Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses), taz vom 3. 6. 10

Ich gebe es zu, dass ich nun mit einer gewissen Schadenfreude die Situation um den Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses betrachte. Denn ich empfand – auch als Westberliner – den Abriss des Palastes der Republik nach der Wende als völlig überstürzt und konzeptionslos, was vor allen Dingen die Ausgestaltung und Nutzung eines Nachfolgebaus betraf.

Wie schön hätte man den großen Saal des Palastes für Großveranstaltungen in der Berliner City nutzen können, statt sich eine teure und viel zu große O2-World zu leisten.

Diese ganze Aktion des Palastabrisses war sowieso nichts weiter als eine arrogante Siegergeste des Kapitalismus über den gerade in der DDR niedergegangenen Sozialismus. Und nun steht auch das kapitalistische System vor einem finanziellen Scherbenhaufen und kann sich noch nicht einmal ein simples Schloss leisten: Welche Blamage! THOMAS HENSCHKE, Berlin-Waidmannslust