Private Buchmacher schaffen WM-Quali

Kurz vor dem großen Geschäft Fußball-Weltmeisterschaft bricht die harte Welle des Landes gegen private Wettbüros zusammen: Kaum Schließungen in Nordrhein-Westfalen. Juristisches Unentschieden vor den Verwaltungsgerichten

DÜSSELDORF taz ■ In NRW sind bislang offenbar nur wenige private Wettbüros geschlossen worden. „Von den rund 1.000 Wettgeschäften im Land sind die allermeisten weiter geöffnet“, sagt Dieter Pawlik vom Deutschen Buchmacherverband in Essen. Zwar seien private Wettbürobetreiber in den letzten Wochen von den Behörden „massiv eingeschüchtert“ worden, doch dicht gemacht hätten „weniger als 50 Geschäfte“. Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Staat unter strengen Auflagen gestattet, an seinem Jahrzehnte alten Monopol auf Sportwetten festzuhalten. NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP) hatte die Kommunen daraufhin angewiesen, die illegale Veranstaltung und Vermittlung von Wetten zu unterbinden.

Seit Ende März hätten Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen 200 der 1.100 als illegal angesehenen Wettbüros geschlossen, sagt eine Sprecherin des Landesinnenministeriums. Insgesamt seien knapp 800 Veranstalter oder Vermittler von Sportwetten zur Schließung aufgefordert worden. In 340 Fällen hätten die Betreiber Widerspruch eingelegt, 250 Fälle seien bei Gerichten anhängig.

Die ganz harte Schließungswelle hat die privaten Wettannehmer jedoch bislang offenbar nicht erreicht. „Das ist größtenteils Propaganda, was die Behörden verbreiten“, sagt Buchmacher Pawlik. Die Behörden beließen es oftmals nur bei Drohungen, weil sie weiterhin juristische Konsequenzen und Schadenersatzklagen fürchteten. „Wir Buchmacher warten ohnehin auf die EU, die das staatliche Monopol in Deutschland demnächst hoffentlich kippen wird“, so Pawlik. Brüssel hatte Anfang April ein Verfahren gegen die Bundesrepublik und sechs weitere EU-Staaten eröffnet hatte, weil sie keinen grenzüberschreitenden Wettbewerb im Sportwetten-Geschäft zulassen.

Verkompliziert wird die juristische Lage in NRW durch widersprüchliche Urteile der Verwaltungsgerichte. Während die Verwaltungsgerichte Münster und Gelsenkirchen die Schließung von Sportwettbüros billigten, bezogen die Richter in Minden und Arnsberg eine Gegenposition – nun muss das Oberverwaltungsgericht eine Klärung herbeiführen. Das Verwaltungsgericht Minden hatte die Schließung von privaten Wettbüros in Ostwestfalen Ende Mai gestoppt. Begründung: Das Staatsmonopol verstoße gegen die vom europäischen Recht garantierte Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit. Die Arnsberger Richter untersagten den Behörden, gegen „die Vermittlung von Sportwetten für private Anbieter“ aus dem EU-Ausland vorzugehen.

Zahlreiche Wettbürobetreiber an Rhein und Ruhr veranstalten nämlich nicht selbst Sportwetten, sondern funktionieren wie eine Agentur für Glücksspiel. Ihre Partnerfirmen sitzen in Ländern wie Österreich oder Malta. Bis dorthin reicht der lange Arm eines NRW-Ordnungsamts nicht. Während der am Freitag beginnenden Fußball-WM können die meisten Wettbüros also ihren Geschäften nachgehen. Und Sportwetten im Internet lässt sich mit deutschem Verwaltungsrecht erst recht nicht beikommen. MARTIN TEIGELER