Mord an Fotografen: Motiv Eifersucht?

Nach einem Dreivierteljahr hat Polizei Verdächtigen, der renommierten Berliner Fotografen in Köln getötet haben soll

BERLIN taz ■ Es sah nach einem professionellen Auftragsmord aus, aber eine Spur suchte die Polizei ein Dreivierteljahr lang vergeblich. Am 20. August 2005, dem vorletzten Tag des Kölner Weltjugendtages, wurde der Berliner Fotograf Nikolaus G. in das Hotel Hilton gelockt und in einer Suite erschlagen. Der 37-jährige renommierte Fotograf hatte kurz vor seinem Tod auf der Mailbox seiner Freundin eine Nachricht hinterlassen. Er klang alarmiert und sagte, sein Auftrag werde „immer skurriler“ und er habe es mit der „realen Mafia“ zu tun (taz vom 5. 10. 05). Seine Ausrüstung war noch da, als er gefunden wurde. Seitdem ermittelt die Mordkommission „Foto“, jetzt hat sie einen Verdächtigen.

Eine Überwachungskamera im Hotel nahm damals zwei Tatverdächtige beim Betreten des Hilton auf, die eine Golftasche bei sich hatten. Doch die Bilder brachten die Polizei zunächst nicht weiter, weil die Männer ihre Gesichter unter Golfmützen und hinter Handys versteckt hatten. Auch ein Beitrag in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY … ungelöst“ blieb ohne Erfolg. Aber nun haben die Ermittler endlich eine heiße Spur. In Berlin wurde ein Tatverdächtiger vernommen. „Der Tatverdacht hat sich zwischenzeitlich erhärtet“, teilte jetzt die Kölner Polizei mit.

Es handelt sich um einen 30 Jahre alten Mann, der nicht einmal festgenommen werden musste. Denn er sitzt seit Dezember 2005 wegen anderer Delikte in Berlin im Gefängnis. Ihm wird vorgeworfen, 1.500 gefälschte Konzertkarten bei Ebay verkauft zu haben. 160.000 Euro soll er so erbeutet haben. Der Mann war bereits in der Vergangenheit wegen Betrügereien im Internet aktenkundig geworden. Als er Ende 2005 im Zusammenhang mit den gefälschten Konzertkarten in einem Berliner Hotel festgenommen wurde, trug er eine geladene Pistole bei sich. Deshalb wird ihm auch unerlaubter Waffenbesitz vorgeworfen.

Bei seinen Internetgeschäften hat er verschiedene Namen verwendet. Um die Suite im Kölner Hilton anzumieten, in der der Fotograf erschlagen wurde, hat er ebenfalls einen falschen Namen angegeben. Der Fotograf war mit der Aussicht auf einen lukrativen Auftrag in das Hotel gelockt worden. Erst hieß es, er solle den Mainzer Kardinal Karl Lehmann fotografieren, der sich anlässlich des Papstbesuches in Köln aufhielt. Dann ging es um Willi Weber, den langjährigen Manager von Ralf und Michael Schumacher, den er auf einer Prominenten-Party fotografieren sollte. Der Auftraggeber muss den Fotografen gut gekannt haben. Denn er interessierte sich für Porträtfotografie und auch die Formel 1.

Die Ermittler gehen davon aus, dass der Verdächtige und das Opfer dieselbe Frau kannten: Nach der Auswertung von Handydaten und Adressbüchern des Fotografen waren die Beamten auf die Spur einer engen Bekannten des Tatverdächtigen gestoßen. Die Frau soll mit dem Fotografen ein Verhältnis gehabt haben.

Der Tatverdächtige schweigt zu den Mordvorwürfen. Auch die Staatsanwaltschaft gibt sich zugeknöpft. Sie sucht noch nach dem zweiten Tatverdächtigen.

BARBARA BOLLWAHN