Das Signal von Mogadischu
: KOMMENTAR VON DOMINIC JOHNSON

In Somalia haben die USA ihre erste große Niederlage im globalen „Krieg gegen den Terror“ erlitten. Noch nie seit Beginn dieses Krieges 2001 ist in einem Land, in dem die USA aktiv gegen Gruppierungen im mutmaßlichen Umfeld von al-Qaida vorgingen, die Hauptstadt unter die Kontrolle ebenjener Gruppierungen gefallen. Gescheitert ist eine Politik der Zuspitzung, die komplexe Krisensituationen wie in Afghanistan oder im Irak oder eben in Somalia eindimensional nach Gut und Böse bewerten wollte und alles dem US-Eigeninteresse unterordnete.

Deswegen bedeutet es aber auch eine unzulässige Vereinfachung, den Sieg der Scharia-Milizen in Mogadischu als Sieg al-Qaidas darzustellen und zu behaupten, nun habe der Terror in Somalia die Macht. Die islamistischen Milizen am Horn von Afrika entspringen keinem Trieb nach „heiligem Krieg“, sondern dem ganz banalen Ordnungsbedürfnis einer Mittelklasse, die dem seit fünfzehn Jahren andauernden Staatszerfall nicht länger tatenlos zuschauen wollte. Sie sind ein Stabilitätsfaktor, kein Revolutionsfanal.

Dennoch hat die von den USA betriebene Polarisierung der somalischen Innenpolitik dazu geführt, dass islamistische Revolutionäre sich über den Sieg der Scharia-Milizen freuen dürfen. Der US-Geheimdienst hat in Mogadischu Warlords aufgerüstet, die jetzt besiegt und verjagt wurden. Das hat Signalwirkung weit über Somalia hinaus.

Schon 1993 stand Somalia für eine Zeitenwende in der US-Außenpolitik. Damals hatte Washington eine gigantische Eingreiftruppe nach Mogadischu geschickt, um humanitäre Hilfe abzusichern. Warlords in Mogadischu schlugen die USA binnen Jahresfrist in die Flucht. Die Anfang der 90er-Jahre dominante Ideologie der „humanitären Intervention“ als Politikmittel einer neuen Weltordnung verschwand über Jahre in der Versenkung. Heute beherrscht stattdessen die Ideologie des „Krieges gegen den Terror“ die Weltpolitik. Das Lager in Guantánamo, das Gefängnis von Abu Ghraib und die Gewalt im Irak und in Afghanistan haben aber ihre Legitimität schon längst in Frage gestellt. Man darf gespannt sein, ob der Fall von Mogadischu nun den Anfang vom Ende der globalen US-Interventionspolitik einläutet.