Altbekannte „Argumente“

MITBESTIMMUNG Schwachhauser AnwohnerInnen debattierten skeptisch, freundlich und manchmal auch schräg über das geplante Übergangswohnheim für Flüchtlinge an der Gabriel-Seidl-Straße

Offen rassistische Töne, wie auf vergangenen Veranstaltungen, waren nicht zu hören

Eher von Skepsis geprägt war am Dienstagabend eine Einwohnerversammlung in Schwachhausen. Thema: Ein Übergangswohnheim für 70 Flüchtlinge soll in der ehemaligen Seniorenwohnanlage in der Gabriel-Seidl-Straße entstehen. Die Unterkunft in der alten Schule in der Thomas-Mann-Straße soll dafür wie geplant aufgelöst werden.

Stimmt der Beirat zu, könnte die neue Unterkunft ab April 2014 bezogen werden, ein Mietvertrag ist bis 2021 in Verhandlung. In 24 Zimmern könnten zwei bis drei Personen auf 19 Quadratmetern unterkommen, in 5 Zimmern à 14 Quadratmetern ein bis zwei Personen, 6 Leute in einer Dachgeschosswohnung.

Noch aber war es – wie immer – erst einmal Zeit für die „Toleranz-Tournee“: Heiko Hergert, Leiter des Zuwanderungsreferats im Sozialressort, und die grüne Sozialsenatorin Anja Stahmann warben für Verständnis – mit den üblichen Argumenten: Dass die Flüchtlingszahlen in Deutschland steigen, Bremen ein Prozent davon aufnehmen muss, Zelte vermieden, aber Turnhallen genutzt werden, eigener Wohnraum das Ziel, aber knapp ist.

Und auch die Sätze der AnwohnerInnen hatten man schon einmal gehört: Nach der Beteuerung der eigenen Weltoffenheit wurde im konkreten Einzelfall Skepsis geäußert, ob der Standort neben dem eigenen Wohnhaus auch dem Wohl der Flüchtlinge entspreche: Lärmbelastung, vielleicht Asbest, kein Auslauf für die Kinder. Andere allerdings beteuerten, wie gut es in der Thomas-Mann-Straße funktioniere, wo große Spendenbereitschaft herrsche und Konflikte schnell gelöst würden. Offen rassistische Töne, wie auf manchen vergangenen Veranstaltungen, waren nicht zu hören.

Und doch bieten Versammlungen, auf denen Bürger einen professoral-gebildeten Tonfall zu treffen wissen, interessante Einblicke: Wenn etwa von „Betroffenen“ die Rede ist und damit die eingesessenen AnwohnerInnen gemeint sind. Oder wenn sich CDU-Klientel über Regelungen empört, die von einer CDU-Bundesregierung eingeführt wurden – wie der Zwang für Flüchtlinge, mindestens drei Monate in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen. Und auch die vermeintlich andere Seite klingt schräg: Wenn Flüchtlinge zur multikulturellen Bereicherung verklärt werden, die so spannende und exotische Geschichten von Krieg und Leid zu erzählen haben.

Wenn Senatorin Stahmann die Anwohner dann noch beruhigt, indem sie auf das resolute Geschick der AWO-Heimleiterin hinweist, die den Flüchtlingen schon Dampf machen würde, wenn sie die Mittagsruhe nicht einhalten – dann kann man den Flüchtlingen nur eine herzliches „Willkommen!“ wünschen.  JPB