Kiffen unter staatlicher Kontrolle

URUGUAY Als erstes Land weltweit gibt Uruguay Anbau, Kauf und Konsum von Cannabis frei, unter bestimmten Regeln. Die Hoffnung: bessere Qualität, weniger Kriminalität

„Wir werden dazulernen, wie bei allem, was neu ist“

PRÄSIDENT JOSÉ MUJICA

VON JÜRGEN VOGT

BUENOS AIRES taz | Als weltweit erstes Land hat Uruguay den Anbau und Handel von Cannabis legalisiert. Ab April kommenden Jahres darf gepflanzt und geerntet werden. Am späten Dienstagabend stimmte der Senat mit knapper Mehrheit für die Legalisierung von Cannabis. Mit 16 Ja- und 13 Neinstimmen votierten die Senatoren für eine entsprechende Gesetzesvorlage der Regierung. Unter anderem wird der Anbau und der Kauf von monatlich bis zu 40 Gramm Cannabis für den privaten Konsum freigegeben. Anbau und Handel unterliegen aber einer staatlichen Kontrolle.

Nachdem das Abgeordnetenhaus bereits Ende Juli zugestimmt hatte und die Verkündung des Gesetzes durch Präsident José Mujica als sicher gilt, tritt das Gesetz nach der rechtlich vorgegeben Umsetzungsfrist im April 2014 in Kraft.

Die Regierung erhofft sich von dem Gesetz ein Rückgang des illegalen Handels und der damit verbundenen Kriminalität sowie einen besseren Gesundheitsschutz für die Bevölkerung. Bisher war in Uruguay nur der Besitz von Cannabis in kleinen Mengen für den privaten Konsum erlaubt.

Präsident Mujica hatte sich seit Langem für die Legalisierung ausgesprochen. Die Cannabispflanze müsse dem Schwarzmarkt entzogen werden. Wegen seines ursprünglichen Berufs als Blumenzüchter kennt sich der 78-Jährige mit dem Anbau von Pflanzen bestens aus. Wesentlicher Grund ist für ihn jedoch das Scheitern der Drogenprohibition. Schon lange sterben mehr Menschen durch den Kampf gegen die Kartelle und der Kartelle untereinander als an den Folgen des Konsums, so sein Credo.

„Uruguay ist nicht hundertprozentig vorbereitet“, sagte der Präsident noch vor der Senatsentscheidung. „Aber wir werden dazulernen, so wie es bei allem geschieht, was neu ist.“

Mit dem Gesetz übernimmt der Staat die Kontrolle bei dem Import, Export, Anbau, der Ernte, Produktion, Vermarktung und dem Vertrieb von Cannabis. Privater Anbau, Ernte und Verarbeitung sind nur mit staatlicher Genehmigung erlaubt. Privatpersonen ist der Anbau von maximal sechs Cannabispflanzen pro Person gestattet. Zudem können sich bis zu 45 Kleinproduzenten in Clubs zusammenschließen, die maximal 99 Pflanzen ziehen dürfen. Voraussetzung ist der Eintrag in ein Register.

Die Produzenten und Konsumenten müssen volljährig sein und ihren Wohnsitz in Uruguay haben. Minderjährigen bleibt der Zugang zu Dope verboten. Wer ohne staatliche Erlaubnis anpflanzt oder produziert, kann mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden. Das neue staatliche Regulierungs- und Kontrollinstitut für Cannabis IRCCA soll die Einhaltung der Gesetzesvorgaben überwachen.

Gegenwind kommt aber nicht nur von der innenpolitischen Opposition, die das Gesetz während der Senatsdebatte als verfassungswidrig eingestuft hatte und immer wieder darauf verwies, dass sich 60 Prozent der Bevölkerung gegen die Legalisierung ausgesprochen hätten. Sondern auch vom Internationalen Drogenkontrollrat (INCB) der Vereinten Nationen, der die Einhaltung der internationalen Abkommen über Drogen überwacht. Demnach könnte Uruguay gegen die UN-Einheitskonvention über die Betäubungsmittel von 1961 verstoßen, so Kontrollratschef Raymond Yans. In der Konvention ist auch der Umgang mit Cannabis geregelt. 186 Staaten haben ihr zugestimmt, darunter auch Uruguay.

Der Schritt Uruguays wird denn auch weltweit aufmerksam verfolgt. Nicht nur wegen der Erfahrungen im Land selbst, sondern auch wegen der internationalen Konsequenzen.