Schäuble schützt deutsche Banken

KRISE Bei Pleiten behält der Finanzminister aus Berlin in Brüssel das letzte Wort. Ein Abwicklungsfonds für Europas Geldinstitute soll erst in zehn Jahren entstehen – Volumen: 55 Milliarden Euro

BRÜSSEL taz | Auch die Bankenunion spricht Deutsch. Dies zeichnet sich nach einer Mammutsitzung der EU-Finanzminister ab, aus der der deutsche Kassenwart Wolfgang Schäuble (CDU) als Sieger hervorgegangen ist. Man habe sich auf ein „allgemeines Verständnis“ über die Grundzüge der Bankenunion geeinigt, sagte Schäuble.

Zuvor hatte er in Brüssel die Bedingungen diktiert. Der Kompromiss trägt in zentralen Punkten die deutsche Handschrift. In dem zehnseitigen Entwurf heißt es etwa, dass nicht wie zunächst geplant die Brüsseler EU-Kommission das letzte Wort über die Schließung einer Bank hat, sondern im Zweifelsfall die EU-Staaten, also Berlin. Genau das hatte Schäuble gefordert. Er weigert sich, die Kontrolle über die deutschen Banken abzugeben – selbst wenn sie massiv im EU-Ausland engagiert sind. Zudem fallen nicht alle 6.000 Eurozonen-Banken unter die Kompetenz einer neuen Abwicklungsagentur, sondern nur die 380 größten und grenzüberschreitend tätigen. Also werden die deutschen Sparkassen ausgenommen – wie von Schäuble gefordert.

Im Gegenzug musste er sich mit der Schaffung eines neuen Abwicklungsfonds abfinden. Die Banken sollen rund 55 Milliarden Euro einzahlen, um für Krisen gewappnet zu sein. Die Steuerzahler sollen nicht mehr den Kopf hinhalten müssen – wie noch in Irland und Spanien, wo sich deutsche Banken besonders verzockt hatten. Doch auch der neue Fonds ist nicht wirklich europäisch, er untersteht wahrscheinlich nicht einmal EU-Recht. Vielmehr soll er aus nationalen Töpfen aufgebaut werden, wie es sie in Deutschland bereits gibt.

Erst in zehn Jahren soll aus diesem Netzwerk ein Gemeinschaftsfonds entstehen. Vorher sollen die beteiligten Staaten nach dem Willen Schäubles einen neuen Vertrag schließen. Nach dem Fiskalpakt würde Berlin damit zum zweiten Mal eine zwischenstaatliche Vereinbarung an EU-Kommission und Europaparlament vorbei schaffen.

Unklar ist noch, ob alle EU-Staaten dem Kompromiss zustimmen. Während sich Frankreich zufrieden zeigte, haben Italien und Spanien noch Bauchschmerzen: Sie wollten das gefährliche Band zwischen Banken und Staaten sofort zerschneiden, nicht erst in zehn Jahren. EZB-Präsident Mario Draghi hatte bereits vor einer „Renationalisierung“ der Banken gewarnt. Die Entscheidung soll nun auf einer Sondersitzung der Finanzminister kurz vor dem EU-Gipfel Ende nächster Woche fallen. ERIC BONSE