katrin weber-klüver
: Wenn man alte Ungarn sieht, möchte man weinen

Die Brasilianer haben viele Fans, die weiblichen haben wenig an. Sepp Maier wohnt jetzt mit Franz Beckenbauer und anderen Nationalspielern des vergangenen Jahrtausends in einer WG, sie haben dort einen Telefonsponsor oder einen Autosponsor oder vielleicht auch einen Tiefkühlkostsponsor. Die deutsche Nationalmannschaft wohnt im Grunewald, das Hotel hat einen italienischen Weinexperten, einen verschließbaren Humidor und ein Tor mit Torsteher.

Die Moderatorin des ZDF-Mittagsprogramms trägt eine Kette mit drei kleinen Fußbällen. Costa Rica hat schon im 19. Jahrhundert die Todesstrafe abgeschafft. Die meisten deutschen Nationalspieler sind ledig. Testspiele gegen Landesauswahlen laufen im Dritten, Testspiele gegen St. Pauli auf DSF. Oliver Kahn trinkt mit Waldemar Hartmann Weißbier. Die Engländer streiten um Wayne Rooney. Wollen aber in jedem Fall Weltmeister werden. Del Piero sieht alt aus. Karel Brückner fantastisch. Sansibar war nicht mal für die Qualifikation zugelassen und hat das FiFi-Finale verloren. Ticketing ist eine Wundertüte. José wird nicht mitspielen. Franz Beckenbauer auch nicht, weder alt noch jung. Jürgen Klinsmann geht joggen.

1970 gab es ein Jahrhundertspiel. 1966 ein Wembley-Tor.

1954 ein Wunder.

Brasilien ist Rekordweltmeister. 2006 ist Ronaldo zu dick und hat Blasen. Pelé ging es auch nicht immer gut. Guido Knopp hat kein Gefühl für Fußball. Wenn man alte Ungarn sieht, möchte man weinen. Die Italiener haben zu Hause einen Manipulationsskandal. Die Mexikaner in München das größte Medienzentrum. Die Kroaten haben zu viel Weiß auf dem Trikot.

Aus. Aus. Aus. Die hohle Infotainment-Zeit ist vorbei. Ab morgen wird gespielt. Zwei Mannschaften, neunzig Minuten, ein Ball. Sieht blöd aus, der Ball, ist aber definitiv einfach ein Ball. Endlich, endlich Fußball.