Gefoltert und bei lebendigem Leib verbrannt

Ein Kronzeuge im Djindjić-Prozess wird in Belgrad liquidiert. Experten: eine Botschaft der Mafia

BELGRAD taz ■ „Der Clan von Zemun mordet wieder“ oder „Mafia stärker als der Staat“ stand am Montag auf den Titelseiten serbischer Boulevardblätter. Am Wochenende war ein Kronzeuge im Prozess gegen die Attentäter des 2003 ermordeten serbischen Premiers, Zoran Djindjić, in Belgrad ermordet worden: Zoran Vukojević wurde laut dem Belgrader Rundfunk B 92 gefoltert, in einen Plastiksack eingewickelt und bei lebendigem Leibe verbrannt. Sein mutmaßlicher Mörder, Zoran Pović, wurde mit Vukojević’ Ausweis in der Tasche ebenfalls tot aufgefunden. Beide waren Mitglieder des Clans von Zemun, dem das Attentat auf Djindjić vorgeworfen wird.

Die Brutalität, mit der der Expolizist Vukojević ermordet worden ist, sei eine Botschaft der Mafia, meinen Experten. Andere Zeugen, aber auch Richter und Staatsanwälte sollten unter Druck gesetzt werden. Vukojević ist der zweite Zeuge, der liquidiert wurde. Der Prozess geht seit fast drei Jahren nur schleppend voran. Milorad Ulemek, genannt Legija, Chef des Clans, Kommandant der aufgelösten Polizeieinheit Rote Barette und Hauptverdächtiger im Djindjić-Verfahren, hatte sich vor zwei Jahren freiwillig gestellt.

Während Innenminister Dragan Jočić von einer „Abrechnung in der Unterwelt“ spricht, fordert die Demokratische Partei von Präsident Boris Tadić dessen Rücktritt. Statt den Kampf gegen das organisierte Verbrechen fortzusetzen, habe Jočić hunderte Polizisten abgelöst, die nach dem Attentat auf Djindjić vorübergehend massiv gegen die Unterwelt vorgegangen seien, hieß es. Jočić meint, dass bei diesem Vorgehen Menschenrechte grob verletzt worden seien.

Exvizepremier Čedomir Jovanović machte die Regierung für die Ermordung von Vukojević verantwortlich. Sie soll die engsten Mitarbeiter von Premier Koštunica und den Chef des serbischen Geheimdienstes, Rade Bulatović, mit der Ermordung von Djindjić in Zusammenhang gebracht haben. Die Untersuchung über die Auftraggeber des Djindjić-Attentats wurde nie zu Ende geführt.

In den letzten Tagen sollen laut der Zeitung Vecernje Novosti mehrere international steckbrieflich gesuchte Gangster und Mitglieder des Clans in Belgrad gesichtet worden sein. Der berüchtigte Zemun-Clan war eine der am besten organisierten verbrecherischen Organisationen in Europa. Ihm werden insgesamt über dreißig Morde, Entführungen, Frauen- und Drogenhandel zur Last gelegt.

ANDREJ IVANJI