Die Menschheit gut geölt

Ein Bunker voller Maschinenwesen, die dem Betrachter surreale Geschichten erzählen. Die Konrad Klapheck-Werkschau in der Recklinghäuser Kunsthalle ist auch Teil der Ruhrfestspiele auf dem Hügel

VON PETER ORTMANN

Für den Düsseldorfer Künstler Konrad Klapheck ist Arnold Schwarzeneggers Terminator-Plot ein alter Hut. Maschinenwesen überennen seine Welt bereits seit mehreren Jahrzehnten – auf der Leinwand. Allerdings sehen sie weniger martialisch aus, erinnern eher an liebgewordene Gegenstände. Da tummeln sich in gezirkeltem Öl Schreibmaschinen, Bügeleisen und Industriemaschinen. Doch alle bunten Bilder haben eine zweite, surreale Ebene: Irgend etwas stimmt nicht mit ihnen. Nur was?

In der Kunsthalle Recklinghausen sind seine Bilder auf endlosen drei Etagen zu sehen. Eine chronologische Werkschau in dem ehemaligen Bunker, möglich gemacht durch die Anbindung an die jährlichen Ruhrfestspiele auf dem grünen Hügel der Stadt. Mit dem Unterschied, das Museumsdirektor Ferdinand Ullrich das Qualitätsniveau des Zusatzangebots seit Jahren kontinuierlich hochhält.

Für Klaphecks Arbeiten benötigt der Betrachter Zeit, viel Zeit. Auf den ersten Blick erscheint sein Oevre eintönig. Maschinen, Maschinen. Maschinen. Darunter Abbildungen antiquarischer Schätze, wie die mechanische Schreibmaschine von 1955 oder das uralte Motorrad, das nicht nur in Öl, sondern, wie viele andere Arbeiten auch, mit der dazu gehörenden, gleichgroßen Vorzeichnung vertreten ist. Wichtigste Utensilien von Klapheck ist nämlich nicht der Pinsel, sondern Zirkel und Zollstock. Bereits anfangs der 1960er Jahren galt Klapheck zwischen Tachisten und Informellen als Pionier einer neuen Gegenständlichkeit, nahm eigentlich die Pop-Art vorweg und wurde ein Wegbereiter der malerischen Groß-Offensive der 1980er Jahre, in der die Gegenständlichkeit auf dem Kunstmarkt wahre Triumphe feierte.

Doch seine Maschinen scheinen nicht von dieser Welt. Sie leben auf ihre eigene Art, erzählen Geschichten, zum Teil sogar autobiografische des Künstlers. Die Nähmaschine von 1957 entstand nach einem Streit mit seiner Freundin, erzählt der Künstler selbst. Er nannte das Bild „Die gekränkte Braut“. Der Maschine fehlt der Faden, der auf einer Rolle daneben liegt, die Nadel steht allerdings oben – bereit zum Stich. Nach diesem Bild wusste Klapheck endgültig, welchen malerischen Weg er einschlagen wollte, wurde von seinem Kunstprofessor darin unterstützt. Bereits 1955 entstand sein erstes Objektbild, eine Schreibmaschine der Marke „Continental“, die er für sechs Mark die Woche als Modell entliehen hatte.

Ende der 1990er Jahre halten reale Figuren Einzug in seine Malerei. Pubertierende Mädchen und Jünglinge, dralle Frauen und lüsterne Greise, Boxer und Jazzmusiker bevölkern nun den Großteil seiner Bilder. Immer noch zitiert Klapheck seine Biographie in die surrealen Szenen. Aus den menschlichen Maschinen wurden maschinelle Marionetten, die in streng komponierten Räumen sitzen, in denen unscheinbare Requisiten wichtige Bedeutungen erlangen – wenn sie der Betrachter entdeckt. Das kann mal ein überdimensioniertes Heizgerätekabel sein, aber auch eine sexistisch-offene Hose im Hintergrund (Das Foto, 2001).

Die Maschinen sind aber nicht verschwunden. Jüngstes Werk in der Klapheck-Ausstellung ist „Die Sprache der Mächtigen“ (2005). Eine richtig böse mechanische „King“-Schreibmaschine.

Bis 23. Juli 2006