Auch mit Braunbären lässt sich leben

Bruno soll erschossen werden. Ein besseres Konfliktmanagement zwischen Mensch und Tier würde das verhindern

BERLIN taz ■ Etliche tote Schafe, gerissene Hühner und mehrere zerstörte Bienenstöcke hat der Problembär Bruno auf dem Gewissen. Deshalb soll er erschossen werden. Dabei muss die Koexistenz Bär/Mensch nicht zwangsläufig blutig enden. „Es ginge auch anders“, sagt der Naturschutzforscher Robert Klenke.

„In den Alpenregionen Bayerns gibt es Gegenden, wo der Bär problemlos leben könnte.“ Gemeinsam mit Kollegen aus verschiedenen europäischen Ländern hat Klenke an einem EU-Projekt namens Frap mitgearbeitet. Darin wurden die Möglichkeiten eines friedlichen Nebeneinanders von Mensch und Wildtier auslotet. Die Resultate, die er jetzt in Leipzig präsentierte, zeigen, dass eine Koexistenz durchaus möglich ist. „Meist scheitert diese nämlich nur an der mangelnden Koordination.“

In Finnland, so Klenke, zahlten zum Beispiel Versicherungen für die von Bären angerichteten Schäden. „So etwas wäre hier auch denkbar.“ Schließlich sei Bruno ja nicht das erste Wildtier, das mit der lokalen Landwirtschaft auf Kriegsfuß steht. Der Frap-Report zitiert den Fall des Fischotters in Sachsen. Der galt dort lange Zeit als Karpfen fressender Schmarotzer und stand als wirtschaftlicher Störfaktor ganz oben auf der Abschussliste der örtlichen Fischer. Mittlerweile hat sich die Situation entspannt. Der Freistaat ist als Mediator tätig geworden und fördert technische Abwehrmaßnamen wie Otterzäune. Gleichzeitig trägt er aber auch zum Überleben der Tiere bei, indem er die Teichwirte nur dann mit EU-finanzierten Ausgleichszahlungen unterstützt, wenn diese sich dem naturverträglichen Wirtschaften verpflichten. Allerdings geht es nicht nur um Gesetze: „Im Gegensatz zum Otter macht der Bär den Menschen Angst. Da kommt eine psychologische Dimension hinzu.“ Man müsse mit den Leuten reden, Geduld zeigen und Experten aus allen Fachbereichen miteinbeziehen. So könnten Ängste abgebaut werden.

An der grundsätzlichen Machbarkeit eines solchen Vorhabens zweifelt er aber nicht. In Tschechien lebten hunderte von Bären, ohne dass deswegen die Nutztierhaltung verunmöglicht würde. „Mit gewissen Schäden“, so Klenke „kann die Gesellschaft leben.“ DANIEL BÖHM