Bilder bunter Länder

Interkulturelle Zusammenarbeit, die sich sehen lassen kann: Eine Fotoausstellung zeigt im Altonaer Rathaus die vielen Gesichter der arabischen Welt. Der Verein „Arab Union of Photographers“ will damit auch Vermittlungsarbeit leisten

Sattes Frühlingsgrün in sanfter Hügellandschaft – man denkt an Irland und blickt auf Jordanien

Von MAXIMILIAN PROBST

„Unter allen Religionen, mit denen sich das Christentum auseinander zu setzen hatte, ist der Islam die am meisten angegriffene, am meisten missverstandene gewesen.“ Dieser Satz der weltbekannten Orientalistin Annemarie Schimmel bildet den Auftakt der kurzen Schrift „Die Religion des Islam“. Mit wenigen Worten weist er in die Tiefe des derzeitigen Konflikts von Morgenland und Abendland: Die gegenseitige Ignoranz hat Tradition.

Das ist der Hintergrund, vor dem der 2004 in Hamburg gegründete Verein „Arab Union of Photographers“ agiert. Als Ziel hat er sich die „Förderung und Pflege des künstlerischen Austausches zwischen arabischen und deutschen Fotografen“ gesetzt. Dazu finden Ausstellungen und Veranstaltungen im europäischen wie im arabischen Raum statt. Im Rathaus Altona zeigt der Verein jetzt Ergebnisse der interkulturellen Zusammenarbeit – und die lassen sich sehen.

Gut 50 Exponate der verschiedenen fotografischen Genres – Dokumentations-, Architektur-, Kunst- und Naturfotografie – zeigen das Ausdrucks- und Inszenierungspotential der Fotografie angesichts der facettenreichen arabischen Welt. Den Schwerpunkt bildet dabei die Dokumentation: Folklore und Tradition, Krieg und Armut sind die häufigsten Themen – und Kinder das bevorzugte Motiv.

Wie wächst die nächste Generation in der arabischen Welt auf? Wir sehen irakische Kinder wutentbrannt amerikanische Besatzer anschreien, den Hintergrund bilden Flammen und Rauch. Wir sehen ein lächelndes Mädchen, das von den liebevollen Händen der Mutter einen traditionellen Kopfschmuck angelegt bekommt. Wir sehen ein palästinensisches Mädchen ihre Schultasche hinter sich herschleifen – durch den Schutt einer Flüchtlingslagergasse. Wir sehen drei frech-fröhliche Jungs, die sich die Nasen an der Autoscheibe des Fotografen platt drücken. Jedes Bild eine andere Welt.

Das gilt auch für die Landschaftsfotos. Einmal die Wüste, eine vereinzelte Palme und Spuren im Sand; ein anderes Mal kahle Bäume und deren Schatten auf dem Schnee; und schließlich ein sattes, strahlendes Frühlingsgrün in sanfter Hügellandschaft: Man denkt an Irland und blickt auf Jordanien.

Den Kontrast an ein und demselben Ort zeigt ein Bild der Wüstenmetropole Dubai. Den Rand des Fotos nehmen die klassischen Arabesken einer Arkade ein, durch die der Blick auf ein kühnes Gebäude aus Glas und Stahl in Form eines aufgeblähten Segels fällt, aufs Burj al Arab, das höchste und teuerste Hotel der Welt. Ein wenig an Tourismuswerbung erinnern auch die Bilder von der beeindruckenden Umayyaden-Moschee in Damaskus aus dem achten Jahrhundert. Oder die ägyptische Alexandria-Bibliothek. Zwar ist es aufschlussreich, dass sich dieser weltgeschichtliche Ort jetzt in ein großzügig angelegtes, hochmodernes Kulturzentrum entwickelt hat – das Bild könnte aber auch aus einem Katalog von TUI ausgeschnitten sein. Ist aber Architektur- von Werbefotografie nicht zu unterscheiden, hat der Fotograf etwas falsch gemacht.

Völlig aus der Zeit herausgenommen erscheint dagegen ein Bild von sechs Schriftgelehrten. Auf ihre Stöcke gestützt, ganz in weiß – in Umhänge gehüllt und das Gesicht mit rauschenden Bärten verhangen –, suchen sie den heiligen Worten auf den Grund zu kommen. Zeitlos, weil die Exegese von Texten immer ein unendliches Unterfangen ist. Das Leben weniger schwer nimmt da die buntgemischte Gruppe – Frauen und Männer, jung und alt –, die sich im Café lachend ums Backgammon-Spiel versammelt.

Zu meinen, im Vergleich zur Auslegung heiliger Schriften handle es sich um eine weniger ehrwürdige Angelegenheit, wäre allerdings voreilig. Schließlich ist das aus dem südlichen Mesopotamien stammende Backgammon-Spiel mit seinen rund 5.000 Jahren viel älter als Islam und Christentum zusammen. Wer lustig ist, wird darum denken, dass am Ursprung des heutigen Konfliktes Spielverderber stehen.