SCHREIBENDE MUSIKER
: Mit dem Hammer

Nils Schuhmacher

The Cure-Sänger Robert Smith schrieb den Text zu „Boys don’t cry“ mit 14 Jahren in einem Rutsch runter – in Erwachsenenkreisen gilt er nicht als pennälerhafter Schnellschuss. Joe Strummer streute einige politische Reizworte ein – fortan galt er als analytischer Kopf der Popkultur.

Von Büchern haben beide die Finger gelassen. Erspart blieb ihnen damit das Schicksal des Hamburger Musikers und Songtextschreibers Frank Spilker, dem unlängst in einer überregionalen Zeitung attestiert wurde, es sei ihm nicht gelungen, die Schärfe und das Einleuchtende seiner mikroskopischen Alltags- und Milieubeobachtungen in die 158 Seiten seines Erstlingsromans hinüberzuretten. Sinngemäß wurde beklagt, es sei eine einzige vor sich hin pluckernde Soße entstanden, in der die Dramaturgie des Niedergangs des modernen Menschen in allzu klischeehafter Weise und wenig doppelbödig aufbereitet wird.

Mildernde Umstände gab es auch nicht für die Tatsache, dass die Erstellung eines Buches eben hürdenreicher ist als die Erstellung eines Songtextes. Der ist klein und fein, damit übersichtlich und er lebt mehr von dahingeworfenen Zeilen als einer komplizierten, auf unzähligen Seiten erst noch zu entwickelnden Gesamtstimmung. Und er handelt im Zweifelsfall nur von einer und nicht gleich von „sämtlichen Niederlagen“.

Wer sein Buch so nennt – Al Burian hat es gerade getan – beweist den Mut, sich neben der oben genannten Kritik auch der Kritik der Überfrachtung auszusetzen. Maximal deprimierend und fein wie ein Schlag mit dem Vorschlaghammer erzählt Burian (Milemarker, Challenger) in seinem autobiographisch geprägten Roman die nicht ganz neue Geschichte vom Spagat zwischen Slackerei und Lohnsklaverei – in diesem Fall im Portland der 1990er-Jahre.

Deutlich distanzierter, weil artifizieller, kommt hingegen das Debüt des unter dem Namen Jonnie Schulz firmierenden Schlagzeugers der Butch Meier Band daher. Unter dem sperrigen Titel „Kein Zutritt für Hinterwäldler“ wird mehr oder weniger entlang der Faktenlage die Geschichte dieser Hamburger Western-Band aufgeblättert, die über einige Jahre eine von sich selbst gelangweilte Punk/Hardcore-Szene mit einer Bad Taste-Frischzellenkur malträtierte.

■ Jonnie Schulz: Do, 19. 12., 20 Uhr, Golem ■ Al Burian: So, 22. 12., 17.30 Uhr, Hafenklang