Neustart mit Klimadiplomatin

ERDERWÄRMUNG Auf der UN-Konferenz in Bonn tritt die neue Chefin des Klimasekretariates auf. Und die kleinen Inselstaaten sorgten sogar für einen kurzen Moment der Euphorie

„Mit großen Herausforderungen kommen auch große Lösungen“

CHRISTIANA FIGUERES

AUS BONN NICK REIMER

Yvo de Boer hat sich als Chef des UN-Klimasekretariates von der Verhandlungsbühne offiziell verabschiedet. „Nach Lage der Dinge schaffen wir es nicht mehr, den Treibhausgasausstoß in den nächsten zehn Jahren einzudämmen“, sagte de Boer in seiner Abschiedsrede vor den knapp 4.000 Delegierten auf der aktuellen UN-Klimakonferenz in Bonn. Damit sei das Zwei-Grad-Ziel in Gefahr, zu dem sich doch alle Staaten in Kopenhagen bekannt hätten. Haben also solche Treffen wie das in Bonn überhaupt noch einen Sinn?

„Ein neues Klimaabkommen ist tatsächlich eine große Herausforderung“, sagt Christiana Figueres. Um dann anzufügen: „Aber mit großen Herausforderungen kommen auch große Lösungen.“ UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte die costa-ricanische Diplomatin Mitte Mai zur Nachfolgerin de Boers bestimmt, am Mittwoch trat sie als solche zum ersten Mal ans Rednerpult.

Sie projiziert eine Grafik an die Wand, die zwei Paar Schuhe zeigt. Das eine Paar ist riesig, das andere eher Kleinkindgröße. „In diese Fußstapfen werde ich treten“, sagt die Frau aus Costa Rica. Und meint damit de Boer.

Ursprünglich war der südafrikanische Tourismus-Minister Marthinus van Schalkwyk Favorit für die Nachfolge. Aber vor allem die Allianz der kleinen Inselstaaten Aosis machte sich für Figueres stark, was für UNO-Chef Ban Ki Moon letztlich den Ausschlag gab. Tatsächlich sind derzeit die Aosis-Staaten Motor der Klimaverhandlungen. In Bonn brachten Sie einen Antrag auf ein so genanntes Review-Verfahren ein. In diesem wollen die Aosis über das Klimasekretariat geklärt wissen, was eigentlich auf der Welt passieren würde, wenn die globale Erdtemperatur um 1,5 Grad steigt. „Wenn ich weiß, was auf mich zukommen wird, dann bin ich vielleicht auch eher bereit, dagegen anzukämpfen“, begründet Ronald Jumeau, Botschafter der Sychellen, den Vorstoß.

Der Antrag hatte fast so etwas wie Euphorie auf dem Verhandlungsparkett hervorgerufen. Panama, Australien, Kolumbien, Malawi, die EU, Südafrika – ein ums andere Land stimmte zu, obwohl bereits heute klar ist, dass die 1,5 Grad-Grenze in jedem Fall überschritten wird. „Solch eine breite Zustimmung für diesen Vorschlag – vor Kopenhagen wäre das noch undenkbar gewesen“, urteilt Greenpeace-Sprecherin Cindy Baxter.

Dann allerdings kam Saudi-Arabien, dass den Vorschlag mit Unterstützung von Katar, Kuweit und Oman ablehnte.

Christiana Figueres übernimmt die Weltklimadiplomatie also weiterhin uneins und perspektivlos. Immerhin – der Umzug fällt ihr leicht: Figueres, die auf der Deutschen Schule in Costa Ricas Hauptstadt San José lernte und mit einem Deutschen verheiratet ist, arbeitete bereits von 1982 bis 1985 in Bonn – als Botschaftsangestellte. Angst vor großen Namen wird sie auch nicht haben: Ihr Vater war dreimal Präsident Costa Ricas, ihre Mutter Botschafterin in Israel.

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