BEIM THEMA ETA MÜSSEN SPANIENS GROSSE PARTEIEN ZUSAMMENARBEITEN
: Wahltaktik schadet dem Frieden

Endlich scheint die spanische Politik da angekommen zu sein, worauf alle demokratische Parteien seit Jahren hinarbeiten: Die ETA lässt die Waffen schweigen und ist erstmals in ihrer Geschichte bereit, über ein Ende der Gewalt zu verhandeln. Ausgerechnet jetzt zerstreiten sich die regierende sozialistische PSOE von José Luis Rodríguez Zapatero und die konservative Partido Popular (PP) von Mariano Rajoy so stark wie noch nie. Vergangene Woche brach die Opposition ganz offiziell alle Kontakte mit der Regierung ab. Gestern ging sie zusammen mit den ETA-Opfern auf die Straße – gegen Verhandlungen mit den baskischen Separatisten.

Das sei ein einmaliger Vorgang, beschwert sich Premier Zapatero. Bisher habe die Opposition – egal wer regierte – die Regierung immer in ihren Schritten gegenüber der ETA unterstützt. Er fordert „Vertrauen“ von der PP. Und damit hat er sicher Recht. Doch was Zapatero nicht sehen will: Zwei streiten sich nur, wenn beide wollen. Und die Sozialisten stehen den Konservativen um nichts nach, wenn es darum geht, den anderen auszutricksen.

Der Premier selbst ließ den Antiterrorpakt platzen, den er einst zusammen mit einer PP-Regierung unterschrieben hatte. Nun stimmt er seine Politik mit allen kleinen Parteien ab anstatt mit der größten Oppositionskraft. Auch das Versprechen, die PP künftig zu informieren, hielt Zapatero nicht ein. Bei der Debatte zur Lage der Nation vor einer Woche hatten Zapatero und Rajoy vereinbart, das Thema ETA nicht anzusprechen, um das Klima zu verbessern. Als Rajoys Redezeit um war, stieg Zapatero abermals in die Bütt und kündigte unzählige Schritte in Sachen ETA an. Ein PSOE-Sprecher entschuldigte sich später, er habe vergessen, Rajoy zu informieren.

Mittlerweile ist der Streit zwischen beiden Politikern so weit geraten, dass er darum geht, wer wen anrufen muss, um die Lage wieder zu beruhigen. In dieser verfahren Lage müssen sich beide an die eigene Nase greifen und sich mäßigen. Es kann nicht angehen, dass beim obersten Staatsthema beide große Parteien versuchen, ihr wahltaktisches Süppchen zu kochen. REINER WANDLER