katrin weber-klüver
: Deutschland ist für die Welt nur ein Fifa-Themenpark

Sicher ist es so: Wer in Mexiko-Stadt Fernsehen guckt, genauer gesagt die WM, sieht vor allem Sendestudios mit Mexikanern und Mexikanerinnen, die in etwa das tun, was Lierhaus, Jauch, Klopp im hiesigen Fernsehen auch tun, also stundenlang plaudern und Einspieler ankündigen und analysieren. Und er sieht Stadien, in denen Fußballspiele ausgetragen werden. Und vermutlich bekommt er nach den Spielen die ein oder andere Impression von reisenden Landsleuten auf den Bildschirm. Lustige Bilder, wie Mexikaner vor der Kulisse von Nürnberg feiern, wie sie sich in Hannover versammeln, wie sie durch Gelsenkirchen ziehen. Hüte schwingend und Fahnen, in ihren Landesfarben bemalt, Bier trinkend. Was Horden eben so machen. Egal wo.

München, Mailand oder Montevideo? Hauptsache Fußball, Bahnnetz und Bier. Deutschland mag gerade Austragungsort des größtmöglichen weltweit beachteten Sportereignisses sein. Aber andernorts ist dieser reale Ort als solcher ohne Belang. Man könnte ihn abschaffen. Und für die real reiselustigen Fans einen Fifa-Themenpark aufbauen. Denn ob ein siegestaumelnder Mexikaner im echten Nürnberg oder einem aus Pappkulissen Rauchbier trinkt, ist ihm womöglich wurscht.

Die WM 2002 hat das hiesige Südkorea-Bild so wenig verändert wie die vorhergehende Endrunde das von Frankreich. Südkorea ist immer noch weit weg und Frankreich immer noch sehr nah. Deutschland wird für Mexiko nach dem 9. Juli nichts anderes sein als vor dem 9. Juni.

Zum virulent virtuellen Motto „Die Welt zu Gast bei Freunden“ gibt es übrigens auch ein gleichnamiges Angebot im Internet. Es enthält einstweilen nur diese Botschaft: „Auf dieser Webpräsenz wurden noch keine Inhalte hinterlegt.“ Wie auch, wenn niemand weiß, wo er ist. Außer dass es sich um ein temporäres Fifa-Land handelt.