Der Bund macht Kasse

Die Regierung will sich langfristig von allen nicht benötigten Immobilien trennen. Das geht aber zu Lasten ärmerer Bürger, befürchten Kritiker

VON TARIK AHMIA

Alles, was verzichtbar ist, muss raus: Der Bund will sich nach und nach von seinem gesamten Immobilienbestand trennen, den er nicht mehr benötigt. Jedes Jahr sollen Wohnungen, leer stehende Dienstgebäude und Militärflächen für eine halbe Milliarde Euro nach „wirtschaftlichen Kriterien“ verkauft werden, sagte Klaus Christl von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BIA) der taz.

Insgesamt stehen Bundesimmobilien für 8,3 Milliarden Euro zum Verkauf. Das ist derzeit das gesamte Umlaufvermögen der Behörde – allerdings zum Buchwert. Der tatsächliche Verkaufserlös könnte sehr viel höher liegen. Nicht verkauft werden sollen genutzte Ministerien und Dienstgebäude.

„Der Verkauf ist nötig, weil die Mieterträge die laufenden Kosten auf Dauer nicht decken“, sagte der Leiter der BIA, Hans Hinrich Schroeder-Hohenwarth der Financial Times Deutschland. Seine Behörde wurde 2005 gegründet, um den Immobilienbestand des Bundes möglichst effizient zu managen und nach Bedarf zu verkaufen.

Als Filetstücke gelten rund 55.000 Wohnungen des Bundes, denn diese garantieren Investoren zuverlässig Mieteinnahmen. Dazu gehören ehemalige Alliierten-Wohnungen sowie Wohnraum für Bundesbedienstete. „Bisher haben wir jährlich etwa 5.000 Wohnungen verkauft“, sagte Christl. So viel sollen es auch in Zukunft sein. Die absolute Zahl richte sich aber danach, was der Markt verkrafte.

BIA-Chef Schroeder-Hohenwarth hält auch einen Verkauf von Bundeswohnungen an börsennotierte Immobilienfonds für möglich, die das Bundesfinanzministerium in Deutschland einführen möchte.

Die neuen Fonds sollen den Handel mit Immobilien beleben. Denn Gebäude und Grundstücke, die Jahrzehnte lang nicht den Besitzer wechseln, sind für ihre Besitzer oft totes Kapital, weil sie nur zu ihrem Anschaffungspreisen in den Büchern auftauchen – ihr tatsächlicher Marktwert kann oft ein Vielfaches dieser Summe betragen. Bisher scheuten viele Unternehmen den Verkauf dieser Immobilien, um die dann fälligen Steuern zu vermeiden.

Saftige Steuervorteile der so genannten Real Estate Investment Trusts (REITs, gesprochen Riets) sollen Gebäudebesitzer in Zukunft locken, ihre Immobilienschätze zu heben. REIT-AGs sollen vollständig von der Gewerbe- und Körperschaftssteuer befreit werden. Auch der Verkauf von Immobilien an REIT-AGs sollen für drei Jahre nur mit der Hälfte des sonst üblichen Steuersatzes veranlagt werden. Der Staat soll dennoch nicht weniger in die Kassen bekommen, weil die Besitzer von REITs-Aktien ihre Dividenden mit 15 Prozent versteuern sollen.

Mit diesem Modell soll der Besitzer einer Immobilie beim Verkauf an eine REIT-AG den tatsächlichen Verkehrswert seines Gebäudes erlösen können. Darin stecken gewaltige Liquiditätsreserven. Das Finanzministerium schätzt, dass allein die 65 größten DAX-Unternehmen auf diese Weise 80 Milliarden Mark einnehmen könnten. Einwände gegen REITs kommen vor allem von Abgeordneten der SPD. Sie geben „Heuschreckenalarm“, weil sie um die Lage der Mieter fürchten, wenn im Rahmen von REITs die 3,3 Millionen öffentlichen Wohnungen privatisiert würden. „REITs gibt 40 Jahre steuerlich geförderten öffentlichen Wohnungsbau den Profitinteressen internationaler Kapitalanleger preis“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Florian Pronold der taz. Schließlich stehe das Interesse gewinnorientierter Finanzinvestoren dem Wunsch der Bevölkerung nach niedrigen Mieten entgegen.

Um REITs für „Heuschrecken“ weniger attraktiv zu machen, will das Finanzministerium REIT-AGs, die mit Wohnungen handeln, gesetzlich verpflichten, ihre Gewinne nicht aus dem Verkauf, sondern überwiegend aus der Vermietung zu erzielen. Außerdem sollen Wohnimmobilien frühestens sieben Jahre nach der Übernahme weiterverkauft werden dürfen. Damit sollen Spekulanten vom Kauf kommunaler Wohnungen abgehalten werden, um sie nach kurzer Zeit mit Gewinnaufschlag weiterzuverkaufen. Für alle anderen Immobilien gelten diese Einschränkungen aber nicht.

Großbritannien will schon nächstes Jahr die REIT-AGs einführen. Deutschland wird über REITs wohl endgültig erst 2008 im Rahmen der Unternehmenssteuerreform entscheiden.