Wale gehen weiter ins Netz

KOMPROMISS Freiwillige Vereinbarung statt Verordnung zu Stellnetz-Fischerei an Ostseeküste

„Freiwillige Vereinbarungen können Gesetze nicht ersetzen“

HANS-JÖRG LÜTH, BUND

Die Fischer sind dankbar, die Naturschützer entsetzt, der Minister sieht Chancen: Gestern unterzeichnete Umweltminister Robert Habeck (Grüne) in Kiel eine Vereinbarung mit dem Landesfischereiverband und dem Fischereischutzverband. Das freiwillige Abkommen besagt, dass während der Sommermonate Juli und August deutlich weniger Stellnetze in den Regionen der Ostsee aufgestellt werden, in denen sich Schweinswale tummeln und Meeresenten auf der Suche nach Nahrung tauchen.

Tiere dieser Arten verfangen sich in den Netzen und ertrinken darin. Um die Zahl der toten Säuger zu senken, wollte Habeck ursprünglich eine Verordnung erlassen, in der ein Fangverbot mit Schleppnetzen in weiten Teilen der schleswig-holsteinischen Ostseeküste und an sechs Monaten im Jahr vorgesehen war.

„Es war eine der schwierigsten Diskussionen dieses Jahres, manch raues Wort ist gefallen“, sagte Habeck. „Aber es hat sich gelohnt: Das Ergebnis wird den Schutz von Schweinswalen und Meeresenten verbessern.“ Die Naturschutzverbände BUND und Nabu sind dagegen mehr als enttäuscht: Sie befürchten, dass es ohne ein klares Verbot kaum gelingt, die Zahl der Stellnetze zu verringern. „Freiwillige Vereinbarungen können Gesetze nicht ersetzen“, so Hans-Jörg Lüth vom BUND Schleswig-Holstein. Beide Verbände wollten die Stellnetzfischerei in Schutzgebieten komplett verhindern.

„Keiner von uns will Enten oder Schweinswale in den Stellnetzen“, betonte der Vorsitzende des Landesfischereiverbandes, Lorenz Marckwardt. Mit der freiwilligen Lösung erklären die Fischer sich bereit, mit ihren Stellnetzflächen deutlich unter der von der EU erlaubten Länge zu bleiben. Im Winter wollen sie Gebiete meiden, in denen viele Vögel rasten. Parallel wird das Ostsee Info-Center Eckernförde ein Konzept zur Kontrolle der Maßnahmen erarbeiten. Dafür erhält es bis Mitte 2015 rund 95.000 Euro aus Landes- und EU-Mitteln. Tot geborgene Schweinswale sollen Fischer künftig anonym abgeben können, damit Daten über die Bestände erfasst werden können. Das Abkommen soll bis 2017 laufen.  EST