Am Ende war der Täter tot

JUSTIZ Jugendlicher Räuber verurteilt. Sein Komplize war vom Opfer erstochen worden – in Notwehr

Von wegen besinnliche Vorweihnachtszeit: Das Amtsgericht Tiergarten verhandelte gestern das Drama um einen versuchten Raubüberfall, den der 18-jährige Maximilian H. – einer der Täter – nicht überlebte. Auf der Anklagebank nahm dessen Freund Benjamin J. allein Platz. Am Ende verurteilte das Jugendschöffengericht den geständigen 20-Jährigen zu 40 Stunden Freizeitarbeit.

Das Opfer, Gerhard P., wollte am 16. Februar, kurz vor Mitternacht, in Reinickendorf eine DVD zurückbringen und kreuzte den Weg dreier junger Männer. Sie hatten Alkohol und Kokain konsumiert, sie wollten in eine Disko und hatten kein Geld, sie fühlten sich stark. Mindestens zwei von ihnen bedrängten den kleinen Mittvierziger, Maximilian H. zog ihn am Kragen, riss ihm den MP3-Player herunter, Benjamin J. forderte Geld. P. versuchte zu entkommen. Als das nicht gelang, streckte er den Angreifern ein Messer entgegen. Doch Maximilian H. ließ sich davon nicht beeindrucken. Sekunden später steckte die Klinge in seinem Herzen, er verblutete am Tatort.

P. wurde verhaftet, einen Tag später freigelassen und von jeder strafrechtlichen Schuld freigesprochen. Die moralische Schuld aber lastet sichtbar auf ihm. Im Gerichtssaal atmete er schwer, schloss immer wieder die Augen. Man spürte das Leid, das seit zehn Monaten sein Leben bestimmt, auch wenn er es im Prozess nicht schildern musste. Dort ging es in erster Linie um Benjamin H. – auch ihn hat der Vorfall traumatisiert.

Opfer und Täter, Schuld und Sühne, hier verschwammen die Konturen. UTA EISENHARDT