Kein Schuss, kaum Ballkontakte

US-Spielmacher Landon Donovan wurde 2002 zum Weltstar. Doch auf deutschem Rasen gelingt ihm nichts. Warum nicht?

AUS GELSENKIRCHEN DANIEL THEWELEIT

Die Sonne scheint über Deutschland, entspannte Menschen feiern, also wenn irgendwo hinter den Wäldern noch ein paar pazifische Wellen an einen Strand rauschten, könnte man sich glatt in Kalifornien wähnen, im geliebten Land des Landon Donovan.

Doch Donovan fühlt sich nicht sehr wohl dieser Tage in Deutschland. „Ja, es geht mir schlecht im Moment“, sagte er nach der 0:3-Niederlage der USA gegen Tschechien, aber das hatte wohl weniger damit zu tun, dass Kalifornien weit weg ist, eher mit dem schlechten Spiel, das er und seine Mannschaft zum WM-Auftakt geboten hatten.

„Seit Januar bereiten wir uns auf dieses Turnier vor, „dieses Spiel war beschämend“, meinte Donovan (24). Schaut man sich seine Vergangenheit an und nimmt die WM-Geschichte hinzu, liegt jedoch die Vermutung nahe, dass diese Niederlage irgendwie doch zusammenhängt mit dem Ort, an dem sie sich ereignete. Immerhin sind die Amerikaner gegenwärtig Fünfter der Fifa-Weltrangliste, weit vor den Deutschen, auf europäischem Boden haben sie allerdings sämtliche ihrer acht bisherigen WM-Spiele verloren. Und Donovan stand lange bei Bayer Leverkusen unter Vertrag, doch zwei Versuche, in der Bundesliga anzukommen, schlugen fehl. Aus dieser Kontinuität des Scheiterns formt sich langsam so etwas wie ein großer hässlicher Europa-Komplex.

„Ich weiß auch nicht, woran es liegt“, sagte der Offensivspieler in Gelsenkirchen müde, „vielleicht ist es einfach Zufall.“ Zu wundern schien er sich aber nicht mehr, er hat schon oft über sein Verhältnis zu Deutschland nachgedacht. „Die Mentalität und die Art, wie die meisten Deutschen denken, ist nichts für mich“, hat er einmal in einem Interview gesagt, es sei eine Frage der Emotionen, nichts Rationales.

Nach der Partie gegen die Tschechen wollte er gar nicht weiter eingehen auf psychologische Ursachenforschung für das Europa-Problem. „Ich glaube, wenn ich den Ball hatte, dann habe ich einige hübsche Sachen gemacht, aber ich war zu selten am Ball“, sagte er. „Ich wurde einfach nicht an den richtigen Orten des Spielfeldes angespielt.“ Selbstkritik war nie die Stärke des Kaliforniers, die Kritik am Star übernahm Trainer Bruce Arena: „Landon fehlte die Aggressivität, er hatte viel zu wenige Ballkontakte.“

Vielleicht ist Donovans Lähmung aber auch Ausdruck eines großen rätselhaften Missverhältnisses, das der amerikanische Fußball mit Europa pflegt. Außerhalb Europas war er stets sehr stark. Zwischen 2002 und 2004 war er Amerikas Fußballer des Jahres, in 18 Playoff-Spielen der US-Soccer-League gelangen ihm 14 Tore, er stand in drei Meisterschaftsendspielen und gewann sie alle. Und bei der WM 2002 spielte er überragend. Alle wichtigen amerikanischen People-Magazine zeigten den Fußballer auf dem Titel. Donovans Schuss bei der 0:1-Viertelfinal-Niederlage gegen Deutschland, den Kahn mit einer unglaublichen Parade hielt, war es, der den Deutschen endgültig zum Titanen machte

Gegen Tschechien, fiel Donovan hinterher auf, „habe ich kein einziges Mal aufs Tor geschossen. Das ist schon sehr wenig.“ Dass seine Entwicklung irgendwann zu stagnieren droht, scheint ihm mittlerweile egal zu sein. In einem Interview hat er einst gesagt: „Jeder sagt mir, es sei so wichtig, in Europa zu spielen. So großartig. Man müsse da spielen, um auf dem nächsten Level anzukommen. Stimmt ja. Aber: Es geht doch darum, glücklich zu sein. Man lebt nur einmal.“ Wenn der Herbst kommt, wird es viele große Fußballer geben, die Donovan um diese Leichtigkeit, um diese Unabhängigkeit und um das Wetter in seiner Heimat beneiden. In diesen Tagen der WM scheint es, als bezahle der Amerikaner den Preis für sein glückliches Leben unter der Sonne Kaliforniens.