Firmen sparen 10 Milliarden Euro Steuern

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück stellt heute seine Eckpunkte für eine Reform der Unternehmensteuern vor

BERLIN taz ■ Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) will Konzerne spürbar entlasten. Heute trifft er sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), um seine Eckpunkte zur Unternehmensteuer vorzustellen. Der Steuersatz für Kapitalgesellschaften – AGs und GmbHs – soll ab 2008 um mindestens 9 Prozent sinken. Statt heute 25 Prozent würde die Steuer künftig höchstens 16 Prozent betragen.

Den öffentlichen Haushalten könnten dadurch anfangs 10 Milliarden Euro jährlich fehlen. „Das ist unsere Schmerzgrenze“, hieß es gestern in der Spitze der SPD-Bundestagsfraktion. Später sollen die Einbußen geringer ausfallen, weil einige Steuerspar-Möglichkeiten für Firmen und Wohlhabende beseitigt werden. Mit der Steuersenkung will die große Koalition international tätige Unternehmen veranlassen, einen größeren Teil ihrer Gewinne im Inland zu versteuern und nicht ins Ausland zu verlagern. Langfristig hoffen Union und SPD, dass dadurch mehr Geld in die öffentlichen Kassen strömt.

Insgesamt will die große Koalition die nominelle Steuerlast für Kapitalgesellschaften von heute knapp 39 auf unter 30 Prozent reduzieren. Bisher zahlen sie 25 Prozent Körperschaftsteuer und rund 14 Prozent kommunale Gewerbesteuer. Möglicherweise sinkt auch die Gewerbesteuer. Steinbrück schlägt vor, die Messzahl der Gewerbesteuer zu verringern – einen Multiplikator, der die Höhe der Steuer für die Firmen definiert. Insgesamt hält der SPD-Finanzminister aber an der Gewerbesteuer fest, während die Union ihre völlige Umgestaltung fordert.

Auch die Personengesellschaften des Mittelstandes (GbRs, OHGs) sollen Vergünstigungen erhalten. Während ihre Gewinne heute der Einkommensteuer mit maximal 42 Prozent unterliegen, will Steinbrück die so genannte Investitionsrücklage als Ausnahmefall einführen: Wenn eine Firma für spätere Anschaffungen Geld zurücklegt, würden diese Gewinne mit weniger als 30 Prozent Steuern belastet.

Eine weitere Entlastung für den Mittelstand soll die Stundung der Erbschaftsteuer sein, wenn die Firma auf einen Nachfolger übertragen wird. Die SPD möchte diesen Steuererlass irgendwie daran knüpfen, dass die Jobs im vererbten Betrieb erhalten bleiben. Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) versucht allerdings zu verhindern, dass diese Jobgarantie ins Gesetz aufgenommen wird.

Um die Einnahmeausfälle in Grenzen zu halten, will Steinbrück die Zahlenbasis ausdehnen, auf der die Steuer berechnet wird. So sollen künftig auch Zinsen, Mieten, Pachten und Leasingraten, die die Unternehmen an Dritte zahlen, versteuert werden. Diese vorgeblichen Kosten dienen häufig dazu, Gewinne zu verschleiern. Außerdem könnten Aktionärsdividenden und andere private Kapitalerträge im Rahmen der Einführung einer so genannten Abgeltungsteuer stärker belastet werden.

Bei der Entlastung der Unternehmen sind sich SPD und Union einig. Doch bei der geplanten Gegenfinanzierung gibt es noch Streit. Die Union versucht, die Belastungen für die Firmen so gering wie möglich zu halten – die Parlamentarische Linke (PL) der SPD will hingegen genau das Gegenteil erreichen. PL-Sprecher Ernst Dieter Rossmann forderte gestern, dass mehr Steuerschlupflöcher für Firmen gestopft werden. Im Übrigen hegt die Linke prinzipielle Zweifel. „Ein Wettbewerb um Steuersenkungen führt in die Irre“, erklärte Rossmann. Andere Staaten würden dann mit noch niedrigeren Steuersätzen nachziehen. Steinbrück begründet seine Reform damit, dass die nominellen Steuersätze in Deutschland internationale Spitze seien. HANNES KOCH