Warum wir weiter Weber wollen

MENNO Ausgerechnet am Stuhl des beliebten Bürgerschaftspräsidenten Christian Weber hat der SPD-Unterbezirk gesägt. Die taz erklärt, warum das jetzt nun echt nicht sein darf

VON TERESA HAVLICEK, CHRISTIAN JAKOB
UND BENNO SCHIRRMEISTER

Keine zehn Tage ist Andreas „Bovi“ Bovenschulte Landesvorsitzender der Bremer SPD, da musste er schon das erste Machtwort sprechen – und zwar in der Sache Christian Weber. Dass der Bürgerschaftspräsident bei den Landtagswahlen 2011 „einen amtsangemessenen Listenplatz“ erhält, sei „selbstverständlich“ lässt er sich zitieren. Dass er das gar nicht so selbstverständlich findet, hatte zuvor nämlich der Unterbezirk Stadt – dem Bovenschulte angehört – in einem Antrag für einen Arbeitsparteitag offenbart.

Damit ist die Sache im Grunde entschieden, Weber wird hinter den SenatorInnen und dem Fraktionsvorsitzenden auf Listenplatz fünf oder sechs stehen und am 22. Mai 2011 erneut in die Bürgerschaft einziehen. Nur ein Problem bleibt, wenn da Selbstverständlichkeit und Unselbstverständlichkeit so völlig unvermittelt aufeinander prallen: Vor lauter Aufregung hat niemand den GenossInnen erklärt, warum sie weiter Weber wollen müssen. Und das sähe schlecht aus, nämlich so, als gäbe es gar keine sachlichen Gründe. Dabei gibt es sie in Hülle und Fülle. Die taz nennt die zwölf wichtigsten:

1. Das sorgt für die nötige Ruhe!

Wenn Weber nicht um seinen Posten kämpfen muss, dann gibt es für ihn auch keinen Anlass mehr, mit unabgestimmten Politikvorschlägen wie der Abschaffung der öden Stadtbürgerschaftssitzungen auf sich aufmerksam zu machen.

2. Er ist bekennender Schwarzbrot-Esser!

Anlässlich des Kirchentags berichtete Weber darüber, dass er über diese Kernkompetenz für den Posten nicht nur verfügt, sondern sie auch mit Freuden ausübt. Die Folge:

3. Sein Magen ist robust!

Das erlaubt ihm, bei Fest-Veranstaltungen stets fidel in ekelhafte Torten zu beißen und auch am Vormittag ohne mit der Wimper zu zucken Matjes zu verzehren, wenn es das Amt von ihm fordert. Und das tut es mindestens einmal pro Jahr.

4. Er hat das nötige Alter!

Durch die Regel, dass SPD-Abgeordnete nach zwölf Jahren Parlamentsmitgliedschaft nicht mehr auf die Liste kommen, laufen die Bremer Sozialdemokraten Gefahr, fürs ältere Wahlvolk uninteressant zu werden. Nicht so mit Weber, Jahrgang 1946. Für Teile der Generation 60+ ist er durchaus wählbar.

5. Er senkt den Verbrauch von Flugbenzin!

Webers Reiselust hält sich in engen Grenzen, wenn die Ziele nicht per Zug, Auto oder Schiff zu erreichen sind. Fliegen? Och gott ne, können das nicht andere? Und muss denn das überhaupt …?

6. Er überstrahlt auch stille Bürgermeister nicht!

7. Es sind dadurch keine Schwankungen bei der Deliktquote häusliche Gewalt zu erwarten!

8. Er fördert die heimische Wirtschaft!

Auch gegen ethisch und ideologisch motivierte Bedenken – bei Weber heißt die Devise: Stellt aus, wenn Ihr Bremer Unternehmen seid!, so wie die mindestlohnferne Citipost.

9. Die SPD kämpft um jeden einzelnen Arbeitsplatz!

An Christian Weber persönlich gekoppelt sind: Ein Fahrer, ein Sprecher und, nicht zu vergessen nach dem ganz Hickhack, Röpke, Nicht-Röpke, Nicht-Ausschreibung, Doch-Ausschreibung, Klage: Ein Bürgerschafts-Direktor! Sollen die sich jetzt etwa einreihen ins Heer der Arbeitslosen?

10. Weber ist keine Frau!

Wie sähe das denn jetzt aus – in alle wichtigen Ämter schickt die SPD Männer, nur aufs institutionalisierte politische Abstellgleis eine Frau? Das ginge gar nicht!

11. Die Fraktion braucht jeden fähigen Kopf!

Die Arbeit der Abgeordneten ist schwer. Wer etwas bewegen will und sinnvolle Ideen entwickeln kann, darf seine Zeit nicht mit Glockenspielen vertüdeln.

12. Erfahrung ist ein wichtiger Schatz!

Und das macht jedes von Webers – bei der Wahl 2011 – zwölf Amtsjahren zu einem eigenen Argument für vier weitere Jahre Präsidentschaft.