Bové greift nach dem höchsten Staatsamt

Der französische Globalisierungskritiker möchte als linker Einheitskandidat bei den Wahlen im nächsten Jahr antreten

PARIS taz ■ Viele in Frankreich reden von einer „linken Einheitskandidatur“. Seit gestern haben sie die Möglichkeit, genau das zu bekommen. Der populäre Bauerngewerkschafter José Bové hat sich bereit erklärt, 2007 als „ökologische, antiproduktivistische, globalisierungskritische und linke Alternative zur PS“ für den Elysée-Palast zu kandidieren. Voraussetzung: „eine kollektive Entscheidung“.

Bové ist der großen Öffentlichkeit als Vorkämpfer gegen den „Scheißfraß“ bekannt geworden, als er im Hochsommer 1999 eine Baustelle für eine McDonald’s-Niederlassung im zentralfranzösischen Millau demontierte. Er protestierte nicht nur gegen einen Multi, sondern auch gegen den politisch motivierten Zollkrieg der USA gegen europäische „Luxusprodukte“ – darunter den Roquefort-Käse, für den er damals Milch lieferte. Das Bild seiner mit Metallschellen gefesselten Hände, die er bei der Inhaftiertung vor die Kameras hielt, ist um die ganze Welt gegangen.

Seither gilt der Mann mit dem großen Schnauzer, der Philosophie studiert hat, bevor er Schafzüchter wurde, als moderner Asterix aus Frankreich. Er kämpft gegen die Verfolgung von GewerkschafterInnen. Er rupft genmanipulierte Maispflanzen aus. Er solidarisiert sich mit LandarbeiterInnen in aller Welt. Er besuchte den in seinem Hauptquartier verschanzten Arafat. Und er beteiligte sich im vergangenen Jahr an der Kampagne gegen die EU-Verfassung.

Seit dem 55-Prozent-Sieg des „Non“ am 29. Mai 2005 gilt Bové als „präsidentiabel“. Doch ehe er gestern in einem Interview mit der Libération seine Kandidatur für das Amt bekannt gab, ließ er sich lange von MitstreiterInnen aus den mehr als 1.000 verfassungskritischen Kollektiven, die sich im vergangenen Jahr in Frankreich gegründet haben, bitten. Unterdessen hob die rechte Sozialdemokratin Ségolène Royal, die die EU-Verfassung verteidigt hat, zu einem Siegeszug in Umfragen und Medien an. Und die ChefInnen der kommunistischen KPF und der trotzkistischen LCR beäugten sich argwöhnisch. Beide haben erklärt, dass sie eine „linke Einheitskandidatur“ wünschen. Und beide haben nichts unternommen, um eine solche Kandidatur zu organisieren. Jetzt müssen sie reagieren und gegebenenfalls auf eigene Kandidaturen verzichten. Das gilt auch für die Grünen.

Vor wenige Tagen fand das Institut Ifop heraus, dass Bové der 10.-beliebteste französische Politiker ist. Gestern schoss er sich auf die Themen seiner mutmaßlichen HauptgegnerInnen, Innenminister Nicolas Sarkozy und Royal, ein: die soziale Verelendung und die innere Sicherheit. Bové will die Arbeitszeit auf 32 Stunden verkürzen, den Mindestlohn radikal erhöhen und die Ghettoisierung in den Vorstädten nicht militärisch („Wir sind nicht im Bürgerkrieg“), sondern sozialpolitisch bekämpfen.

Bové ist optimistisch: „Wenn die Einheitsdynamik funktioniert, schafft diese Kandidatur es im ersten Durchgang an die Spitze.“ DOROTHEA HAHN