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: Vom „Monsieur Airbüs“ zur Klette

Es ist eine gute Gelegenheit, endlich loszulassen: Sieben Jahre hatte Noël Forgeard den europäischen Flugzeugbauer Airbus geführt, bevor er den Platz im vorigen Jahr Gustav Humbert überlassen musste. Obwohl der Franzose eine Stufe höher kletterte und nun einer von zwei Spitzen des Mutterkonzerns EADS ist, klammerte er sich weiter an das Tochterunternehmen. Die Versuche Humberts, Airbus neu zu organisieren, nahm er zur Kenntnis – und unterlief sie. Dass das nicht gut gehen konnte, war klar. Nun scheint der Zeitpunkt gekommen. Allerdings kaum so, wie es sich Forgeard erhofft haben mag.

Denn inzwischen häufen sich bei Airbus die Fehlermeldungen. Forgeards Hauptproblem ist dabei nicht, dass EADS deshalb ein Viertel seines Börsenwerts verlor, sondern dass sein Nimbus dahin ist. Denn die meisten Schwierigkeiten resultieren aus der Zeit, als er sich noch als „Monsieur Airbüs“ betiteln lassen durfte.

Vor wenigen Wochen hatte der 59-Jährige noch versucht, die erste schlechte Nachricht einfach umzudrehen und offensiv als „industrielle Revolution bei Airbus“ zu verkaufen. Damals hatte er öffentlich über Humberts streng geheime Pläne für eine Neuentwicklung des A350 geplaudert – die er selbst in seiner Amtszeit verbaselt hatte. Bei den Lieferschwierigkeiten mit dem A380 dürfte es ihm schwerer fallen, von sich abzulenken.

Mit welcher Zähigkeit der nur 1,70 Meter große Forgeard den Riesenvogel gegen alle Widerstände durchgesetzt hat, ist bekannt. Tatsächlich scheint der EADS-Chef inzwischen entschlossen, auf etwas mehr Distanz zu gehen. „Wir erwarten von der Airbus-Führung, dass sie den neuen Zeitplan voll einhält“, ließ er gestern gemeinsam mit seinem Co verlauten.

Mit Konsequenzen für sich selbst braucht er kaum zu rechnen. Forgeard ist bei EADS und im französischen Geklüngel von Wirtschaft und Politik fest verwurzelt. Er hat beste Kontakte zur Pariser Regierung. Schon in den 70er-Jahren war er Berater im Verkehrs- und Verteidigungsministerium, später arbeitete er als Beauftragter des damaligen Premiers Jaques Chirac für Industriefragen.

Zugleich ist Forgeard aber auch ein Mann vom Fach. Neben Ökonomie studierte er Ingenieurswissenschaften. Bei Airbus trieb er nicht nur die schwierige Modellinnovation voran, sondern auch die technische: Unter seiner Regie wurden die Flugzeuge leichter und verbrauchten weniger Kerosin. Und er sorgte dafür, dass alle Maschinen aus baugleichen Teilen entstehen. Selbst die Cockpits sind sich so ähnlich, dass Airbus-Piloten für alle Modelle eingesetzt werden können. BEATE WILLMS

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