„Man kann mehr Kinder nicht erkaufen“

Das Elterngeld wird nur mehr Väter in die Wickelpause bringen, sagt die Grüne Irmingard Schewe-Gerigk

taz: Die Grünen wollen schon seit Jahren ein Elterngeld. Werden Sie nächste Woche im Bundestag dafür stimmen?

Irmingard Schewe-Gerigk: Das Elterngeld ist tatsächlich eine uralte Forderung grüner Feministinnen. Aber so wie die Regierung kann man das nicht machen. Durch die zeitliche Verkürzung der Leistungen werden viele Eltern schlechter gestellt als vorher. In dieser Form scheint mir die Zustimmung fraglich.

Man möchte Eltern das Kinderkriegen erleichtern. Ist das nicht ehrenwert?

Die Geburtenrate in Deutschland liegt seit über 30 Jahren bei 1,4 Kindern pro Frau. Das hängt auch mit der Selbstbestimmung der Frau und der Einführung der Pille zusammen. Man kann mehr Kinder nicht mit dem Elterngeld erkaufen. Zudem heißt es immer, dass die falschen Leute Kinder kriegen. De facto liegt die Zahl kinderloser Akademikerinnen aber nur knapp über dem Durchschnitt. Diese Frauen haben sich oft ganz bewusst gegen Kinder entschieden. Die wird man mit dem Elterngeld nicht ködern.

Also wollen Sie gar kein Elterngeld mehr?

Doch, aber sozial ausgewogener. Und der Kontext, den die Regierung herstellt, ist falsch. Wir sehen das Elterngeld vor allem als ein gleichstellungspolitisches Instrument: Es bringt Väter dazu, sich an der Erziehung zu beteiligen, wie man in Skandinavien sieht.

Aber auch die Grünen hätten damit von unten nach oben umverteilt.

Nein, wir hätten die soziale Balance gewahrt, bei sehr reichen Paaren zum Beispiel keinen Sockelbetrag für nicht erwerbstätige Partnerinnen gezahlt.

Die SPD sagt, dass das bisherige Erziehungsgeld Frauen ermutigt hat, lange aus dem Beruf auszusteigen, viele haben dann den Anschluss verpasst. Da ist doch etwas dran, oder?

Ja. Nur muss dann nach einem Jahr auch die Kinderbetreuung da sein. Wir wollen einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz ab dem ersten Lebensjahr. Die Mittel dafür kommen aus der Umwandlung des Ehegattensplittings in eine Individualbesteuerung.

Hätten Sie mit Elterngeld mehr Kinder bekommen?

Nein. Ich habe zwei Kinder. Die habe ich nicht nach Kassenlage bekommen. Interview: OES