Günstig wohnen wird schwer

STADTENTWICKLUNG Binnen vier Jahren rutschten 100.000 Wohnungen über die kritische Grenze von sechs Euro pro Quadratmeter für klassische Sozialwohnungen. Die Linksfraktion wirft SPD Untätigkeit vor

■ Sozialwohnungen werden im Gegensatz zu frei finanzierten Wohnungen mit Geld vom Staat gebaut. Ihre Miete unterliegt deshalb für 15 bis 30 Jahre einer Preisbindung.

■ Die Zahl der Sozialwohnungen verringert sich durch das Auslaufen dieser Preisbindung und weil mehr Wohnungen aus der Mietpreisbindung herausfallen als geförderte Wohnungen neu gebaut werden.

■ 2012 ist die Bindung für 3.000 solcher Sozialwohnungen ausgelaufen. Knapp 2.100 wurden neu gebaut. Unterm Strich sank der Bestand damit um 900.

In den vergangenen vier Jahren ist die Zahl der Wohnungen, die für einkommensschwache Haushalte in Frage kommen, deutlich zurückgegangen. Darauf hat die Linksfraktion in der Bürgerschaft unter Verweis auf Auskünfte des Senats hingewiesen und wirft diesem vor, nicht genug zu tun. „Eine wachsende Zahl von Menschen hat keine Möglichkeit mehr, den günstigen Wohnraum zu bekommen, auf den sie angewiesen ist“, sagte die Bürgerschaftsabgeordnete Heike Sudmann (Linke). „Der Senat sieht das anscheinend nicht als drängendes Problem an.“

Nach den Zahlen des Senats gibt es heute 100.000 frei finanzierte Wohnungen mit einer Nettokaltmiete von unter sechs Euro weniger als vor vier Jahren, sagte Sudmann. Sechs Euro pro Quadratmeter entsprechen dem Maximalwert für die Miete einer klassischen Sozialwohnung – also dem, was einkommensschwachen Haushalten staatlicherseits an Miete zugemutet wird. Heute falle nur noch jede vierte frei finanzierte Wohnung unter diese Kategorie. Dabei habe rund die Hälfte aller HamburgerInnen einen Anspruch auf eine geförderte Wohnung. Das Straßenmagazin Hinz & Kunzt geht davon aus, dass 40 Prozent aller Haushalte einen solchen Anspruch haben.

Verschärft wird diese Lage dadurch, dass die Zahl der Sozialwohnungen stetig abnimmt, da die Mietpreisbindung ausläuft und sie so zu normalen Wohnungen werden. Gab es im Jahr 2000 noch 157.000 geförderte Wohnungen in Hamburg, waren es 2011 nur noch 99.000.

Das Pestel-Institut in Hannover berechnete vor gut einem Jahr, dass in Hamburg rund 110.000 Sozialwohungen fehlten. Das Institut rechnete den Bestand an Sozialwohnungen gegen die Zahl der Haushalte, die Grundsicherung und Wohngeld beziehen. Kerstin Graupner, Sprecherin der Hamburger Stadtentwicklungsbehörde, kritisierte das damals als „Milchmädchenrechnung“. Schließlich böte die städtische Gesellschaft Saga/GWG alleine 90.000 frei finanzierte Wohnungen zu rund sechs Euro an.

Volker Dumann, ebenfalls von der Stadtentwicklungsbehörde, stimmte der Einschätzung Sudmanns zu, dass Hamburg mehr bezahlbaren Wohnraum brauche. „Im letzten Jahrzehnt ist dieser Bereich vernachlässigt worden“, sagte er. „Das hat dieser Senat geändert.“ Der soziale Wohnungsbau genieße Priorität. Seit 2011 förderte der Senat mindestens 2.000 Sozialwohnungen pro Jahr. „Unser Programm ist bundesweit einmalig“, sagte Dumann. GERNOT KNÖDLER