DAS WETTER: INS SCHWARZE

Marta schluchzte tief in ihrem Inneren. Mutterseelenallein war sie auf dem weiten Flur der Harvestehuder Pilsbörse, dem letzten Zufluchtsort nicht gentrifizierter Hamburger. Nur ein Auge besaß die Rundliche mit der schnittigen Schwarzweißfrisur, und dies eine Auge war auch noch knallrot ob der Tränenrinnsale, die jetzt an der porösen 81-Jährigen herabliefen. So lange schon fristete Marta, seit Generationen Traum aller Harvestehuder Dartspieler, ihr Dasein an der speckigen Wand der Pilsbörse. Was hatte sie als Zielscheibe alles über sich ergehen lassen müssen! Blind war Marta, seitdem sie in der Welt hing. Weiland März 1932 hatte es keine zehn Sekunden gedauert, da hatte der spätere SS-Ortsgruppenführer, Tierpfleger Heinrich Hahnemann, pfeilgrad ihre Retina zerstochen. Und jetzt, an diesem düsteren, vertrubelten Dezembernachmittag, waren die Zumutungen, welche die Schmerzensreiche stets tapfer erduldete, nur noch ein gut gezapftes Pils entfernt. Dann würde die klobige Biggy die immer gut besuchte Pilsbörse aufsperren.