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: Tante Käthe spielt auch noch mit: Am hintersten Ende des Mauerparks wartet der Rudi-Völler-Schrein auf Gläubige

Alle gucken Fußball. Auch die taz. Bis zum Ende der WM berichten wir täglich live von den Berliner Spielplätzen. Heute: Deutschland – Polen im WM-Klub „Tante Käthe“ am Mauerpark

Wenn sich Hase und Igel in Prenzlauer Berg Gute Nacht sagen wollten, sie täten es am Mauerpark, am abgelegenen Ende des Gewerbestreifens. Einstweilen bietet sich dieser Ort aber nicht mehr an.

Seit Beginn der Fußballweltmeisterschaft hat sich hier, in einer ehemaligen Edelstahlschweißerei, der WM-Klub Tante Käthe niedergelassen. Dieser zieht lärmende Menschenmassen an. Am Mittwochabend beim Spiel Deutschland gegen Polen drängten sich etwa 250 Fans auf dem Gelände. Sie feierten lautstark das glückliche Ende.

Rudi Völler alias Tante Käthe, der grau gelockte Namenspatron des WM-Klubs, spielte dabei eine untergeordnete Rolle. Es war also keine Versammlung von Rudisten, die dem vormaligen Nationaltrainer ihre Huldigung erwies, weil Jürgen Klinsmann sie mit seinem manischen Daueroptimismus „Wir können Weltmeister werden“ in die Opposition getrieben hatte.

Gunnar Kallies, einer der drei Betreiber, weist einen derartigen Verdacht weit von sich. Er ist kein Freund der Klinsmann-Nörgler. Die Treue zu Rudi Völler ist ökonomischen Überlegungen geschuldet. Vor zwei Jahren, als bei der Europameisterschaft in Portugal die Verantwortung noch auf Völler lastete, wurde der EM-Klub Tante Käthe zu einem Kultort im Kiez. Damals rollte der Rubel noch in der Oderberger Straße. Die Erinnerung daran soll das Geschäft während dieser WM wieder beleben.

Wer will, kann Rudi Völler aber auch um seiner selbst willen verehren. Ein Völler-Schrein mit einem Foto von Rudi steht im Gewerbebau. Recht eigenwillige Opfergaben wurden hier schon hinterlassen: Tampons, Kondome, ein Kevin-Kuranyi-Bild, das WM-Maskottchen Goleo und vieles mehr. Drinnen sowie im Innenhof gibt es jeweils eine Großleinwand und diverse TV-Geräte. Die zu spät Gekommenen müssen sich um einen Fernseher scharen, wie ihn die meisten wohl auch zu Hause stehen haben. Die Preise für Essen und Trinken sind moderat, nur die Länderbiere, die zu Ehren der spielenden Teams angeboten werden, wie San Miguel (Spanien) oder Żywiec (Polen), kosten etwas mehr.

Das Publikum leidet lange unter dem kargen und langwährenden 0:0-Zwischenstand. Unflätige Einwürfe aber, wie sonst oft üblich beim Fußballschauen, bleiben so gut wie aus. Wahrscheinlich sind sich die meisten schon einmal in einem der zahlreichen Biosupermärkte im Kiez über den Weg gelaufen.

Anwesend sind genau die Zuschauer, die sich Gunnar Kallies wünscht. „Wir wollten es nicht prollig haben“, erzählt er. Sein Publikum sei jung und eher gebildet. Kallies weiß, dass das arrogant klingt, aber so will er es nicht verstanden wissen.

Für Kallies ist das Schöne am WM-Club, dass sich nette Menschen an einem schönen Ort regelmäßig treffen und zueinander finden. So wäre es jedenfalls vor zwei Jahren gewesen, als die Leute am Ende der EM Tränen in den Augen hatten, weil sie nicht wollten, dass das Ganze vorüber sein soll. Nun hat die WM hat ja erst angefangen, und für das Wochenende werden Feiern organisiert. Je nachdem ob etwa die Niederlande oder Argentinien antritt, legt DJ „Piet“ auf oder „Diego“. Höchstwahrscheinlich, gibt Kallies zu, verbirgt sich dahinter immer derselbe. JOHANNES KOPP

Der WM-Klub liegt am nördlichen Ende des Gewerbestreifens neben dem Mauerpark. Zugang über die Gewerbestraße (Toreinfahrt Bernauer Str. 63–64) Täglich ab 12 Uhr, alle Spiele auf zwei Großleinwänden, draußen und drinnen, Eintritt frei.