Dieter Hildebrandt

Kabarettist. 23. Mai 1927 – 20. November 2013

VON WERNER SCHNEYDER

Meine erste Begegnung mit Dieter Hildebrandt war eigentlich zum Scheitern verurteilt. Wir saßen in Salzburg im Spätsommer unter einem roten Ahorn im Garten. Ein gemeinsamer Freund hatte uns quasi aufeinandergehetzt. Er wollte unbedingt, dass wir uns treffen, aber es war zunächst alles sehr sperrig. Ich war lang und arrogant, dazu noch Österreicher. Schon das allein kam beim kleineren Preußen Hildebrandt nicht gut an. Gerettet hat uns unsere gemeinsame Liebe zum Fußball. Wir hatten erst versucht, über Kabarett zu reden, aber das scheiterte schnell. Fußball war ein besseres Thema.

Um den Charakter eines Menschen kennenzulernen, sind Gespräche über die ästhetische Einschätzung von Fußballspielern eine wunderbare Methode. Bei Hildebrandt und mir passte das gut: Wir beide sympathisierten mit den trickreichen Spielern, mit den Verrückten, denen, die auf dem Platz das Unerwartete machen. Buffy Ettmayer und Ente Lippens zum Beispiel. Eine weitere Eigenschaft, die wir teilten: Wir unterstützten eher die Davids als die Goliaths. Hildebrandt war ein alter Fan von 1860 München, mit klarer Frontstellung zum FC Bayern. Als Österreicher hielt ich mich bei solchen Fragen zwar eher raus, aber ich war immer bei den Außenseitern.

Später, nach vielen gemeinsamen Auftritten, haben Hildebrandt und ich dann sogar in einer Mannschaft Fußball gespielt – beim FC Schmiere, dem Team von Sammy Drechsel, dem Gründer der Münchner Lach- und Schießgesellschaft. Da spielten Bühnenkünstler wie wir gemeinsam mit ehemaligen Profis wie Bernd Patzke, der bei Hertha BSC Berlin und 1860 München gespielt hatte. Ich stand meist im Tor, Hildebrandt spielte den Rechtsaußen, offensiv. Er konnte wirklich kicken, ein guter Spieler, aber schrecklich ballverliebt. Wenn er einen Gegner überspielt hatte, wartete er oft, damit er ihn noch einmal überspielen konnte. Später habe ich ihm mal gesagt: Auf der Bühne bist du genau wie auf dem Fußballfeld. Du möchtest deine erste glanzvolle Pointe mit einer zweiten und dritten noch besseren übertrumpfen. Das geht schief und am Ende haben die Leute die erste, gute Pointe vergessen. Er hat mir das geglaubt. Ich bin aber nicht sicher, ob wirklich.

Werner Schneyder, 76, ist österreichischer Kabarettist. Er war Hildebrandts Bühnenpartner und hielt eine der Trauerreden auf dessen Beerdigung