Wahl ohne Gegenkandidat, Gewalt statt Demokratie

BURUNDI Zehn Tage vor den Präsidentschaftswahlen mehren sich Anschläge, Kämpfe und Gewaltakte

Die Hauptstadt wird regelmäßig von Granatenanschlägen erschüttert

BUJUMBURA/BERLIN afp/taz | Kurz vor Präsidentschaftswahlen in Burundi, deren Verlauf über Krieg oder Frieden in dem kleinen Land im Afrika der Großen Seen entscheiden dürfte, nehmen die Spannungen immer weiter zu. Vor dem Haus von Oppositionsführer Agathon Rwasa in der Hauptstadt Bujumbura lieferten sich am Mittwoch Polizei und Rwasa-treue Bewaffnete Schusswechsel. Rwasa, Führer der ältesten burundischen Hutu-Rebellenarmee FNL (Nationale Befreiungsfront), widersetzte sich erfolgreich einem Versuch, ihn festzunehmen. Die Polizei dementierte Berichte, sie habe um Rwasas Residenz im Villenviertel Kiriri Artillerie eingesetzt, bestätigte aber, es seien „zahlreiche von Rwasas militanten Anhängern von den Hügeln heruntergekommen“, und man habe eingreifen müssen, als sie anfingen, Straßensperren zu errichten und Straßenkontrollen durchzuführen.

Die FNL, die vor allem unter der verarmten Hutu-Bauernbevölkerung in den Bergen rund um Bujumbura Sympathie genießt, hat erst letztes Jahr den bewaffneten Kampf eingestellt. Bei Kommunalwahlen in Burundi am 24. Mai wurde sie zweitstärkste Kraft hinter der Regierungspartei CNDD-FDD (Nationalkomitee zur Verteidigung der Demokratie), der seit 2005 regierenden, einst größten Hutu-Rebellenbewegung des Landes. Sämtliche Oppositionsparteien, Hutu und Tutsi gemeinsam, haben die Ergebnisse der Kommunalwahl nicht anerkannt, Neuwahlen gefordert und sich von den bevorstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zurückgezogen. Damit wird Staatschef Pierre Nkurunziza von der CNDD-FDD am 28. Juni ohne Gegenkandidaten antreten und Burundis erst vor kurzem eingeleitete Demokratisierung nach einer Ära des Bürgerkrieges entwickelt sich zur Farce.

Es ist nicht einmal ausgeschlossen, dass diese Wahl Burundi in den Bürgerkrieg zurückführt, denn die FNL und auch andere Parteien haben zahlreiche bewaffnete oder erst vor kurzem demobilisierte Anhänger. Rund zwei Dutzend CNDD-FDD-Parteigebäude sind im Laufe der vergangenen Woche in verschiedenen Landesteilen in Flammen aufgegangen, die Hauptstadt Bujumbura wird seit dem vergangenen Wochenende regelmäßig von Granatenanschlägen erschüttert, deren Urheber bisher nicht ermittelt werden konnten.

In der Nacht zum Mittwoch explodierten vier Granaten bei nach Polizeiangaben „gezielten“ Anschlägen auf einzelne Häuser in der Stadt, in der Nacht davor waren es fünf. Am Sonntag wurde in Bujumbura eine Journalistin getötet, am Dienstag ein Verantwortlicher der Regierungspartei in der nordburundischen Stadt Ngozi mit Schüssen verletzt. D.J.