Reprisen, beschädigt

Die Samuel Bak-Werkschau im Nussbaum-Haus hat etwas fast Zwangsläufiges – weil seine Bilder wie Antworten auf die Werke des 1944 ermordeten Osnabrückers wirken

Er hatte Erfolg, war gut auf dem Kunstmarkt positioniert und fühlte sich trotzdem „in eine Sackgasse“ hineingeraten: Seine Wende von der konkreten zur gegenständlichen Malerei hat Samuel Bak Ende der 1950er Jahre vollzogen, weil er merkte, dass er „eine besondere Geschichte zu erzählen“ hatte: Bak wurde 1933 in Wilna geboren, 1942 wurde seine Familie ins Getto umgesiedelt. Sie waren Juden. Nur er und seine Mutter überlebten.

Kaum ein Maler hat diese Erfahrung wie Bak ins Zentrum seines Schaffens gerückt. „Leben danach“ hat das Felix-Nussbaum-Haus daher eine Werkschau des Wahl-Amerikaners genannt. Und sie zu sehen, heißt eher sich zu fragen, warum diese Bilder nicht schon längst in Osnabrück zu sehen waren, an den sie geradezu zwangsläufig gelangen mussten. Denn die Gemälde wirken, als wären sie direkte Antworten auf jene Nussbaums – ohne es freilich zu sein. Diese Nähe erschöpft sich nicht in der abstrakten Frage nach dem Thema. Frappierend wirkt sie gerade bei der Motiv- und Symbol-Wahl, beim Bildaufbau und sogar der Kolorierung: Pastelltöne, Fleischfarbe prägen die Werke beider, zwei surreale, trotz satter Tönung wie entfärbt wirkende Welten.

Bak allerdings ist ganz entschieden ein Vertreter des so genannten Postismus, das heißt: Oft sind seine Bilder Reprisen des westlichen Kunst-Kanons. Dürers Melancholia, Michelangelos Fresken kehren wieder, maltechnisch perfekt, in der Konturierung nahezu identisch und doch – beschädigt, zerstört oder unvollendet. So wiederholt „Adam mit seinem Abbild“ die berühmte Schöpfungs-Szene der Sixtinischen Kappelle, doch ohne Gott. Stattdessen streckt der in einen schmutzig-grünen Overall gekleidete Erste Mensch, Kopf, Haar und Haut sind farblos, einem nicht übers Stadium eines Entwurfs hinaus gediehenen Porträt seiner selbst die Hand entgegen.

„Wir sind“, sagt Museums-Chefin Inge Jaehner, „kein neutrales Museum.“ Es hätte auch keinen Zweck, so zu tun. Vielmehr befinde man sich auf einer ständigen „Gratwanderung“ zwischen Gedenkstätte und Ausstellungsort. Eine überzeugendere Synthese als jene, die Baks Bilder herstellen, lässt sich zwischen diesen Polen kaum herstellen. bes

Samuel Bak: Leben danach. Felix Nussbaum-Haus, Osnabrück, Di-Fr 11 bis 18, Sa & So 10-18 Uhr. Bis 1. Okt.