Ahmadinedschad signalisiert noch kein Einlenken im Atomstreit
: Süße Träume in Schanghai

Der iranische Präsident Ahmadinedschad hat sich bei seinem Staatsbesuch in Schanghai positiv zum Lösungsangebot der UN-Vetomächte und Deutschlands geäußert. Doch Skepsis ist angebracht. Denn es darf bezweifelt werden, dass er nun auf einmal dazu bereit sein sollte, klein beizugeben und die Forderung nach vollständiger Einstellung der Urananreicherung im eigenen Land zu akzeptieren. Hat nicht er das Recht Irans auf die Produktion des atomaren Brennstoffs erst zu einer Frage der nationalen Ehre hochstilisiert und damit den Konflikt auf die Spitze getrieben? Wie würde er zu Hause nun auf einmal dastehen, wenn er jetzt plötzlich einlenken würde? Zumal das Recht, das der Iran beansprucht, tatsächlich zu den verbrieften Rechten der Mitglieder des Atomsperrvertrags gehört.

Die Signale, die Ahmadinedschad aus Schanghai sendete, dienen da wohl eher anderen Zielen. Zunächst geht es dabei um die Rolle Russlands und Chinas im iranischen Atomkonflikt. Teheran ist bestrebt, die Differenzen zwischen diesen beiden Mächten und den USA sowie der EU zu vertiefen, um so mögliche wirtschaftliche oder gar militärische Sanktionen gegen den Iran zu verhindern. Dazu braucht er Zeit. Die positiven Signale sollen die Hast, mit der die USA und die EU auf eine Entscheidung drängen, lindern.

Doch Ahmadinedschads Ziele gehen weit darüber hinaus. Seine Absicht ist, dem Regionalbündnis der Schanghaier Kooperationsorganisation (SCO), dem neben Russland und China vier weitere mittelasiatische Staaten angehören, beizutreten. Die Mitgliedschaft in einem solchen Bündnis, das dem Einfluss der USA im Nahen und Mittleren Osten Einhalt gebieten soll, wäre ein wichtiger Schritt, der Teherans erklärter Strategie entspräche – weg vom Westen, hin zum Osten. Sollte hier tatsächlich, wie von Ahmadinedschad auf dem Gipfel gefordert, ein neuer, mächtiger Block entstehen, zu dem auch Indien, Pakistan und Afghanistan gehören, dann könnte Iran als Brückenland zwischen dem Nahen und Mittleren Osten eine wichtige Rolle spielen. Aus diesem Stoff sind Ahmadinedschads Träume. BAHMAN NIRUMAND