SPIELPLÄTZE (7)
: „Sieben Gelbe und eine Rote Karte. Das ist doch kein Schach!“

FUSSBALLGUCKEN Deutschland gegen Serbien im taz-Café

■  Ort: taz-Café, Rudi-Dutschke-Straße 23, Kreuzberg. Alle Spiele.

■  Sicht: Vorne radikal gut. Hoch hängende, große Leinwand. Hinten eher was für Hörspielfans.

■  Kompetenz: Jede Menge in den ausliegenden taz-WM-Seiten.

■  Nationalismus: Nur ein Besucher im Nationaltrikot. Auf dem Rücken steht: „Kuranyi“. Indiskutabel.

■  Wurst: Neuland-Fleisch draußen auf dem Grill. Drinnen kommen auch Vegetarier zum Zug.

Anstoß: „Deutschland!“, flüstert der Berlin-Redakteur und macht ein Foto vom rappelvollen taz-Café. „Formidabel!“, sagt der Korrekturleser und beißt in seine Neuland-Wurst.

2. Minute: „Ich hol mir ein Steak“, sagt der Sonntaz-Chef und geht raus zum Grill.

4.: „Ihr alle hier unten?“, fragt der taz2-Chef die guckenden Kollegen und kreuzt gekonnt den Raum Richtung Treppenhaus.

7.: „Oooouuuuuhhh!“, stöhnen der Schwerpunkt-Leiter, der Literaturredakteur und der Kollege vom Vertrieb, als Podolski verschießt.

8.: „Irgendwas passiert?“, fragt der WM-Kolumnist im Uruguay-Trikot, der kurz mal vorbeischaut.

17.: Der Vertriebsfahrer holt sich einen Sitzsack.

20.: „Wenn Deutschland ein Tor schießt, ist die Sache gelutscht“, fachsimpelt ein Besucher. „Aber die Verteidigung der Serben ist nicht schlecht.“

27.: „Jetzt geh! Flanken! Das müsst ihr öfter tun“, ruft der Vertriebsmitarbeiter.

30.: „Ja!“, schreit eine Praktikantin. „Nein!“, stöhnt eine Besucherin. „Abseits“, weiß der einstige Inlands-Chef.

37.: „Das ist doch lächerlich“, beschwert sich eine Besucherin über die Gelb-Rote Karte für Klose. Der taz-Justiziar faltet kenntnisreich die Hände.

38: „Tja, läuft nicht so gut“, weiß der Ex-Inlands-Chef. Es steht 0:1.

Halbzeit: „Das ist der Hammer! Der Hammer! Der Hammer!“, wiederholt ein Raucher draußen auf dem Bürgersteig. „Die Vorspeise war okay“, kommentiert der taz-Progammierer. Er meint sein Steak. Drinnen läuft Werbung für McDonald’s. „Steht’s noch 1:0?“, will der Inlandsredakteur wissen, der nur runtergekommen ist, weil er für eine Recherche eine Telefonnummer sucht.

50.: Alle sind sprachlos.

58.: Der Literaturredakteur fasst sich an den Kopf. Der Justiziar schlägt die Hände vors Gesicht.

59.: „Du doch nicht, Lukas!“, ruft ein Besucher, als Podolski zum Elfmeter antritt. „Ach du Scheiße“, meint der Meinungsredakteur, als Podolski verschießt.

65.: Die Filmredakteurin zieht die Nase kraus.

72.: „Na klar ist das Foul“, erkennt der Wirtschaftsredakteur. „Von hinten rein ist immer Gelb“, doziert der Geschäftsführer, auch wenn der Schiedsrichter das diesmal anders sieht.

75.: „Och nee!“, meint der Meinungsredakteur.

77.: Gomez kommt. Die Filmredakteurin geht – ganz nach vorn und übernimmt den freien Platz in der zweiten Reihe.

„Das ist der Hammer! Der Hammer! Der Hammer!“

EIN TAZ-CAFÉ-BESUCHER IN DER HALBZEITPAUSE

80.: Der tazplan-Redakteur schiebt gekonnt die Unterlippe nach vorn.

84.: Die Fotoredakteurin quetscht sich in die freie Lücke.

88.: „Och nee!“, murmelt der Meinungsredakteur.

92.: Der Vertriebsfahrer geht eine rauchen.

Spielschluss: Das Café leert sich in Minutenschnelle. „Traurige Stimmung überall“, diktiert der taz-Blogwart dem Reporter in den Block und ergänzt dann noch: „Sieben Gelbe und eine Rote Karte. Das ist doch kein Schach!“ „Tja“, sagt die Kollegin vom Marketing. Dann ordert sie einen tazpresso an der Bar.

GEREON ASMUTH