Entschuldigungen helfen der Öllobby nicht

ÖLPEST Nicht nur der BP-Chef sorgte für Empörung vor dem Ausschuss. Der Senator aus Texas übertrumpfte ihn sogar noch kurzfristig in der Rolle des Bösewichts. Und auch beim Klimagesetz herrscht Verwirrung

Der Republikaner Barton entschuldigte sich beim BP-Konzern

WASHINGTON taz | „Sorry“ – Entschuldigung. Das Wort des BP-Chefs Tony Hayward sollte die Lage entschärfen. Stattdessen hat Haywards Auftritt vor dem Energiekomittee des US-Senats ihn erst recht als Public Enemy bestätig. Siebeneinhalb Stunden lang „beantwortete“ er die Fragen der gewählten US-PolitikerInnen mit „Ich war nicht dabei“, „Ich weiß es nicht“ und „Es ist zu früh, um mich dazu zu äußern“. Sein gelegentliches Grinsen tat ein Übriges, um seine Lage zu verkomplizieren.

Ohne Werbepausen

Dennoch schafft es ein anderer, den von den großen Fernsehsendern live und ohne Werbepausen übertragenen Auftritt des britischen Bösewichtes kurzfristig noch zu übertrumpfen. Joe Barton, Senator aus dem Ölstaat Texas, sagte zum Auftakt der Anhörung des BP-Chefs ebenfalls „sorry“. Der republikanische US-Politiker entschuldigt sich bei dem Konzern dafür, „was am Vortag im Weißen Haus“ passiert ist. Barton bezeichnet die von Präsident Barack Obama erreichte BP-Zusage über 20 Milliarden Dollar für den Treuhandfonds als „Erpressung“.

In Washington – sowohl bei der demokratischen Mehrheit als auch in den Reihen der rechten RepublikanerInnen – löste Barton mit seiner Entschuldigung Entrüstung aus. Die DemokratInnen versuchen, seine Entschuldigung einen Sturm der Entrüstung aus. Die DemokratInnen versuchen, seine Entschuldigung umgehend für politische Zwecke einzusetzen. Und Spitzenpolitiker der Republikaner drohen dem Texaner mit Entzug seiner Ämter. Ein paar Stunden später zog Barton seine Entschuldigung zurück.

Unterdessen versuchen die DemokratInnen im Senat ihr Klimagesetz voranzutreiben. Sie hatten das Gesetz, das ursprünglich längst verabschiedet sein sollte, selbst im Frühjahr zugunsten einer Immigrationsdebatte hintangestellt. Nachdem am 20. April die Bohrplattform „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko explodierte, hat sich die politische Agenda in Washington jedoch geändert.

Wenige Monate vor den Halbzeitwahlen im kommenden November entschieden die DemokratInnen kurzfristig, dass sie nun doch noch in diesem Sommer die US-Energiepolitik in ein neues Gesetz fassen wollen. Am Tag 59 nach dem Beginn der Katastrophe im Golf von Mexiko stellt der demokratische Senator Joe Lieberman, der die Gesetzesvorlage mit entwickelt hat, am Donnerstag die rhetorische Frage: „Ist jeder amerikanische Haushalt bereit, weniger als einen Dollar pro Tag zu zahlen, damit wir kein Öl mehr aus dem Ausland importieren müssen, damit wir Millionen von neuen Arbeitsplätzen schaffen und damit wir unsere Umwelt reinigen können?“ Lieberman meint, das Gesetz sei fertig. Und bei den DemokratInnen herrsche Konsens darüber.

Doch am Abend desselben Tages erklären mehrere linke Mitglieder der Regierungspartei, dass sie dem neuen Klimagesetz nur dann zustimmen können, wenn es auch die Kohleverschmutzung teurer mache.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass die DemokratInnen allein, selbst wenn sie geschlossen vorgingen, nicht über die nötige Mehrheit im Senat verfügen, um das Gesetz zu verabschieden. Die Schlacht um Öl, Kohle und Atom geht also weiter.

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