Platz fürs Fahrrad

Zum Aktionstag „Mobil ohne Auto“ rollen tausende RadlerInnen auf einer Sternfahrt nach Hamburg. Sie wollen bessere Bedingungen für Fußgänger, Radfahrer und Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel

Von Gernot Knödler

Nur zwei Tage im Jahr gibt es, an denen die Straße den RadfahrerInnen gehört: zu den Cyclassics Ende Juli und am bundesweiten Aktionstag „Mobil ohne Auto“, an dem gestern Tausende aus dem Umland in die Innenstadt radelten. 17 Demonstrationsrinnsale vereinigten sich in Hamburg zu mächtigen Radlerströmen. Ihr Anliegen: Der Senat möge die umweltfreundlichen Verkehrsarten fördern – zu Fuß gehen, Rad fahren, Busse und Bahnen benutzen – und nicht wie bisher das Auto in den Mittelpunkt seiner Bemühungen stellen.

Frank Bokelmann ragt wie ein Leuchtturm aus der Menge, die auf der Moorweide lagert. Per Handy versucht der Zwei-Meter-Mann vom ADFC herauszufinden, wo die Spitzen der Kolonnen gerade stecken. „Die Harburger sind so viele, dass sie jetzt erst über die Elbbrücke gelassen werden“, sagt Bokelmann aufgeregt. „Die haben eine Viertelstunde Stau hinter sich.“ Bokelmann hat eine Signalweste an und eine Ordner-Binde um den Arm. Er will möglichst viele TeilnehmerInnen zur Abschlusskundgebung auf der Wiese versammeln. Die RadlerInnen, die das Ziel bereits erreicht haben, sollen nicht zu lange warten müssen, bis die übrigen Züge eintreffen.

Da blitzt aus Richtung Kennedy-Brücke plötzlich Blaulicht. Es ist die Motorrad-Eskorte, die dem Zug aus Bergedorf und Wandsbek den Weg frei macht. „20.000 Leute – das hat eine Kraft“, sagt Rose Schönowski vom Verein „Autofreies Wohnen“. Ob es wirklich so viele waren, weiß keiner, ist aber auch nicht entscheidend. Die Köhlbrandbrücke, über die Schönowski zusammen mit ihrer Freundin Annette Jankofsky geradelt ist, war jedenfalls bunt vor SternfahrerInnen. „Wir sind durchaus bemerkt worden heute“, stellt Jankofsky befriedigt fest.

Die beiden jungen Frauen bezeichnen sich als „sehr aktive Radfahrerinnen“, die unter schlechten Radwegen und Konflikten mit Autofahrern leiden. „Es wäre viel relaxter, wenn die Leute mit dem Rad statt mit dem Auto unterwegs wären“, sagt Schönowski. Ihre Freundin findet es schade, dass der Senat nicht mehr für das Radfahren tut, schließlich habe Hamburg ideale Voraussetzungen.

Das findet auch Hajo Wullschläger, der im Radlerdress mitgefahren ist. Er gehört zur Betriebsradsportgruppe des NDR und macht bei der Aktion „Mit dem Rad zur Arbeit“ mit. „Autofahrer beanspruchen den meisten Verkehrsraum, und sie verteidigen ihn rigoros“, kritisiert Wullschläger. Als Mitglied des Radsportverbandes setzt er darauf, dass sich dessen neuer Vorsitzender, CDU-Mitglied Manfred Schwarz, in die Politik einmischt. Jetzt da die CDU das Thema Radverkehr über die Bürgerschaft konzeptionell in die Hand nehmen wolle, gebe es vielleicht Chancen auf Verbesserungen.

Die GAL hält es zwar für lobenswert, dass sich jetzt auch die Union in der Bürgerschaft für den Radverkehr stark macht. Die CDU bleibe aber konkrete Verbesserungen weitgehend schuldig. Einen Zusatzantrag der GAL zur Förderung des Radverkehrs schmetterte sie am 11. Mai ab.