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olympia 2020Olympiareif sind wir schon lange

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit hat in die populistische Trickkiste gegriffen: Weil die Stadt im Freudentaumel aus Sonne, Sommer und Fußball derzeit nicht zu bremsen ist, nutzt der Regierende die Welle, ein altes Anliegen erneut auf die Tagesordnung zu setzen. Die Berliner seien jetzt olympiareif, meint Wowereit. Mit dem Deutschen Olympischen Sportbund müssten jetzt Gespräche aufgenommen werden, um eine Bewerbung für 2020 loszulassen.

KOMMENTAR VON ROLF LAUTENSCHLÄGER

Dass Wowereit die fußballverrückten Tage für Olympia nutzt, ist sein gutes Recht. Dass er der Stadt und ihren Bürgern sehr gute Noten dafür gibt, sportliche Großveranstaltungen mit internationalem Flair zu stemmen, ist zwar okay, drückt aber nicht gerade Vertrauen in sein Wahlvolk aus. Klar, auch Klaus Wowereit erinnert sich an die kläglich gescheiterte Olympiabewerbung 1993. Die Hauptstadt lag darnieder, „Nolympia“ war in, niemand wollte die Spiele haben. Zu Recht.

Doch um möglichen Antipathien ein Schnippchen zu schlagen, braucht es keine populistischen Manöver. Sind die Berliner mit so genannten Ausnahmezuständen nicht schon immer lässiger umgegangen, als ihrer Oberen dachten? Und: Berlin ist niemals olympiaunreif gewesen. Das Reifezeugnis für Olympische Spiele mangelte bisher allein den politisch Aktiven, die die Stadt und ihre Bürger um die Kosten und den Gewinn einer derartigen Veranstaltung zu betrügen suchten. Regelrechte Raubzüge ihretwegen hat Berlin sich gefallen lassen müssen. Und Wowereit täte gut daran, wenn der Fußballtaumel vorbei ist, die Sache nüchtern – und den Haushaltsabgrund vor Augen – anzugehen. Was sind die Spiele, was kosten sie, wer zahlt, und was bringt Olympia? Diese Fragen muss er den „olympiareifen“ Berlinern beantworten.

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