„Fußball ist Demokratie“

Reggae-Star Tiken Jah Fakoly von der Elfenbeinküste über Misserfolge und die Kraft des afrikanischen Fußballs

taz: Herr Fakoly, warum hat es für die Elfenbeinküste bei dieser WM nicht gereicht?

Weil es ein sehr junges Team ist und weil es überhaupt das erste Mal war, das die Elfenbeinküste an einer Fußball-WM teilgenommen hat; Argentinien und Holland sind dagegen schon seit den Anfängen dabei.

Aber ich ziehe meinen Hut vor der Mannschaft, den „Elefants“. Wenn wir so weitermachen, wie wir uns hier präsentiert haben, indem wir etwa an unserer Verteidigung arbeiten, dann können wir in einigen Jahren zu den großen Mannschaften zählen.

Sie machen also nicht den Trainer für die Niederlage verantwortlich. Er steht zu Hause ja ganz schön in der Kritik.

Jeder, der die Spiele verfolgt hat, hat doch gesehen, wie Argentinien und die Niederlande unter Druck gekommen sind: Wäre das Spiel noch ein paar Minuten länger gegangen, ich glaube, wir hätten noch ein Tor gemacht. Uns fehlte einfach nur ein bisschen Glück.

Die Welt wartet schon lange auf einen großen Erfolg einer afrikanischen Mannschaft bei der Fußball-WM. Warum ist der bislang ausgeblieben?

Wir stehen immer noch am Anfang, auch wenn dieses Jahr fünf oder sechs afrikanische Teams dabei sind. Aber wir sind auf dem richtigen Weg, wir werden nicht mehr als Exoten betrachtet, und ich denke, schon in zehn Jahren werden wir vielleicht den ersten Titel nach Afrika holen.

Dass sich jedes Mal andere Mannschaften zur WM qualifizieren, spricht allerdings für die Unbeständigkeit des afrikanischen Fußballs. Woran liegt es, dass Kamerun, Senegal und Nigeria, die zuletzt Erfolg hatten, sich jetzt noch nicht einmal qualifizieren konnten?

Das kann am fehlenden Glück oder an Formschwankungen liegen. Aber im Fußball ist auch nicht immer alles mit Logik zu erklären. Das sind eben auch Kinderkrankheiten.

Auch wenn Ihr Land jetzt ausgeschieden ist: Was hat die erste Teilnahme an einer Fußball-WM in Elfenbeinküste bewirkt, das ja seit dem Bürgerkrieg quasi zweigeteilt ist?

Die Trauer über das frühe Ausscheiden ist im Norden genauso wie im Süden zu spüren. Aber die bloße Tatsache, dass wir teilgenommen haben, hatte schon eine einigende Kraft, ob wir nun gewonnen haben oder nicht.

Wird die Teilnahme an der Fußball-WM dort politisch ausgeschlachtet?

Das hoffe ich sogar! Ich wünsche mir, dass alle politischen Parteien zum Flughafen kommen werden, um unsere Nationalmannschaft zu empfangen!

Sie selbst leben ja in Mali. Fühlen Sie sich in Ihrer Heimat bedroht?

Ich könnte zurückkehren, aber es könnte gefährlich sein. Es gibt bestimmte Leute, die mögen nicht, was ich gesagt habe. Das muss nicht die Regierung sein. Aber es gibt Fanatiker, und ich möchte kein Risiko eingehen.

Freut man sich in Afrika auch über Erfolge der Nachbarländer? Wenn etwa Ghana gewinnt, flößt das doch dem ganzen Kontinent Selbstvertrauen ein, oder?

Ach, in Afrika gibt es Fans von allen Mannschaften: Es gibt Fans von Deutschland, andere von Brasilien. Sie unterstützen auch Teams, die gar nichts mit dem eigenen Land zu tun haben. Fußball ist das einzige, das wirklich demokratisch ist in Afrika. Es ist das einzige Feld, in dem die Leute frei sind, sich auszudrücken.

Das Geld spielt auch im afrikanischen Fußball eine immer wichtigere Rolle. Wie sehen sie diese Kommerzialisierung?

Das Geld motiviert die jungen Leute dazu, Fußball zu spielen. Früher war Fußball nur ein Spiel, jetzt ist es ein Geschäft. Aber ich bin nicht dagegen.

Sehen Sie, für uns Reggae-Musiker gibt es das positive und das negative Babylon. Wenn Babylon Waffen produziert, mit denen Menschen getötet werden, dann ist das schlecht. Wenn das Geld aber die Leute zur Arbeit anhält, dann ist das eine gute Sache.

INTERVIEW: DANIEL BAX