„Mehr Eigenverantwortung“

DISKUSSION Fachleute debattieren die Überfischung der Meere und die Zukunft der Fischindustrie

■  ist Geschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Fischindustrie und des Fischgroßhandels.

taz: Herr Keller, können Sie noch guten Gewissens einen Fisch essen?

Matthias Keller: Ja. Was MSC-Siegel trägt, kann man ohne Probleme essen.

Der Verbraucher...

... kann, glaube ich, nicht sehr viel ausrichten. Es sind einige wenige, die entscheiden, was im Handel zum Verkauf steht.

Die Meeresfischerei ist in 40 Jahren am Ende, sagt der Präsident des Umweltbundesamtes.

Er bezieht sich da auf eine amerikanische Studie, die mittlerweile in Teilen widerrufen wurde.

Er sagt auch, dass die Hälfte der Fischereiflotte stillgelegt werden müsste.

Da ist was dran – aber man kann keine generellen Aussagen treffen. Es gibt je nach Land einen bestimmten Anpassungsbedarf. Da hätte auch schon etwas passieren müssen – ist es aber in einigen Ländern noch nicht.

Wer hat aus Ihrer Sicht besonders Nachholbedarf?

Spanien und Frankreich.

Sind nicht auch die Fangquoten der EU viel zu hoch?

In den letzten Jahren sind die Entscheidungen der Minister anders ausgefallen, als von den Forschern vorgeschlagen.

Hat die EU da versagt – dort, wo sie mit am stärksten reguliert?

Ja, weil die EU die festgesetzten Regeln nicht kontrolliert hat oder aber sich durch die Mitgliedstaaten hat kontrollieren lassen, etwa beim roten Thunfisch. Außerdem widersprechen sich zum Teil die Regeln, die der Fischerei auferlegt werden. Wir brauchen hier einen Paradigmenwechsel: Man muss den Fischern künftig mehr Eigenverantwortung geben.

Aber reicht es, auf freiwillige Lösungen zu setzen?

Deren Vorteil ist, dass sie schneller umgesetzt werden können.

Einige sagen, Thunfisch, Kabeljau und Seelachs sind vom Aussterben bedroht.

Das ist völlig falsch. Der Kabeljau ist allein im Nordost-Atlantik in 13 verschiedenen Beständen vorhanden. Beim Nordsee-Kabeljau gibt es Probleme. Da muss man gegensteuern. INTERVIEW: MNZ

19.30 Uhr, Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4/5