vor ort
: MAREN MEIßNER über empfindliche Nachbarn und deren Kampf gegen das Schollhaus in Neuss

„Wenn ihr im Scholli keine Konzerte mehr machen dürftet, wäre das ein großer Verlust für Neuss!!“ schreibt „Thomas“ im Internetforum von „Helga Events“. Die Neusser Konzertveranstalter organisieren seit fast zehn Jahren regelmäßig Punkrockkonzerte im Schollhaus, einem Neusser Jugendzentrum. Seit einigen Monaten schwelt der Streit mit den Anwohnern einer benachbarten Wohnsiedlung. Diese wollen erreichen, dass „Helga Events“ gar keine Konzerte mehr im Schollhaus durchführt. Der aktuelle vorgeschlagene Kompromiss von Bürgermeister und Ordnungsamt: Zehn Konzerte pro Jahr im Schollhaus, weitere sollen in einem anderen Jugendzentrum am Neusser Hafen veranstaltet werden können. Ein Vorschlag, mit dem sich die Veranstalter von „Helga Events“ ebenso wenig anfreunden können wie die Jugendlichen.

Richtig ins Rollen gebracht hatte den Streit ein Artikel in einem lokalen Anzeigenblatt, der im Oktober letzten Jahres erschien. Von Beschädigungen und Randale durch jugendliche Punks war die Rede. „Vorher war es eigentlich relativ ruhig“, sagt Dagmar Kann-Coomann, deren Söhne regelmäßig ins Schollhaus gehen. Nach dem Artikel ließen die Reaktionen nicht lang auf sich warten. Die Nachbarn formierten sich und schalteten einen Anwalt ein. Die Anwohner der Leostraße, durch die die Besucher zum Schollhaus gehen, fordern seitdem die Einstellung der Konzerte im Schollhaus. Ihre Sprecherin war für die taz nicht zu erreichen.

„Wir nehmen den Protest der Anwohner ernst“, sagt Heribert Rothhausen, Jugendpfleger der Stadt Neuss. „Es geht konkret um die Situation, wenn die Jugendlichen nach dem Konzert nach Hause gehen.“ Wenn in wenigen Minuten viele Menschen durch die Leostraße gingen, käme es manchmal zu Beschädigungen wie abgeknickten Autoantennen oder verschmutzten Hauseingängen. Dies werde lediglich bei den entsprechenden Konzerten beanstandet, nicht etwa bei allen Veranstaltungen im Schollhaus, betont Rothhausen.

„Helga Events“ hat bereits reagiert und mit einer ganzen Reihe von Auflagen versucht, den Anwohnern entgegen zu kommen. „Wir haben den Geräuschpegel auf der Leostraße auf ein Minimum reduziert“, sagt Markus Titschnegg von „Helga Events“. Mittlerweile dürfen die Jugendlichen während der Konzerte das Schollhaus-Gelände nicht mehr verlassen, die Taschen werden kontrolliert, zeitweise statteten Mitarbeiter des Ordnungsamts dem Schollhaus abendliche Besuche ab.

„Die Jugendlichen werden behandelt wie Schwerverbrecher“, ärgert sich Dagmar Kann-Coomann. „Man zerstört da eine ganze Musikszene“. Besonders für kleinere lokale Bands sei das Schollhaus immer ein gutes Forum gewesen. Auch für Markus Titschnegg ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Vor zwei Wochen übergaben Jugendliche dem Neusser Bürgermeister eine Liste mit 1.500 Unterschriften für den Erhalt der Konzerte. „Wenn der Bürgermeister nicht angemessen reagiert, werden wir sicher weitere Schritte einleiten“, sagt er.