Heldinnen unter sich

Vor 30 Jahren erschien zum ersten Mal die feministische Zeitschrift „Courage“ – eine Jubiläumsfeier in Berlin

Courage, die legendäre Frauenzeitschrift der 70er- und 80er-Jahre sei wie James Dean, sagte Sibylle Plogstedt, ehemalige Redakteurin, bei einer Veranstaltung zum 30. Jubiläum. „Sie ist einen frühen Tod gestorben, aber die, die sie kannten, himmeln sie immer noch an.“

Vor 30 Jahren kam die Nullnummer der Zeitschrift auf den Markt. Zu ihren besten Zeiten hatte sie eine Auflage von über 70.000 Exemplaren. Für ein Blatt aus autonomen Frauenkreisen ist das eine Traummarke. Bereits 1984 jedoch musste Courage Konkurs anmelden. Jetzt haben sich die ehemaligen Macherinnen und ihre Leserinnen in der Friedrich-Ebert-Stiftung in Berlin noch einmal getroffen.

Courage nahm Themen auf, die man sich damals nicht heikler vorstellen konnte: Zwangsprostitution, Sex nach der Menopause, Abtreibung und Abtreibungstrauer. Systematische Ausgrenzung von Frauen in Politik, Kultur, Wirtschaft und Wissenschaft. Sexueller Missbrauch an Kindern, sexualisierte Gewalt. Alles, was die Verdinglichung, Ausgrenzung und Selbstbestimmung der Frau betraf, war Thema – und es gab genug Autorinnen, die bereit waren, das aufzuschreiben. Anders als in Alice Schwarzers Konkurrenzblatt Emma, das bis heute überlebt hat, wurde in der Courage Meinung immer als eine Meinung von vielen kenntlich gemacht. „Dissens war uns wichtig“, sagt die Historikerin Irene Stoehr.

Und Barbara Duden, heute Soziologieprofessorin in Hannover, drückte es so aus: „Courage hat die Betten für die Wahrnehmung gerichtet.“ Es galt nur aufzuwachen. Das ist dann auch passiert. Es gab eine „Veralltäglichung unserer Positionen“, meint Doris Janshen, Professorin in Essen mit Schwerpunkt Geschlechterforschung. Sie sind keine Tabus mehr. Für Janshen ist das der positive Aspekt der Frauenbewegung.

Und der negative? – Davon gab es auf dem Treffen auch eine Kostprobe. Denn wie oft in Frauenzusammenhängen sprachen die Protagonistinnen mehr über ihre Schwächen als über ihre Stärken. Es waren die Zuhörerinnen, die die Podiumsteilnehmerinnen daran erinnerten, wie wichtig die Frauenbewegung war. „Ich bin Courage dankbar“, rief eine ins Mikrofon. „Sie hat mir den Mut gegeben, mein Leben so zu leben, wie ich es will!“

Am Ende wird das Treffen trotzdem als verpasste Chance verbucht. Statt die Aktualität der Themen, die damals ans Licht gezerrt wurden, zu nutzen und sich zukunftsweisend zu positionieren, wurden alte Verwerfungen aufgewärmt. Zudem wurde versäumt, sich mit jungen Frauen auszutauschen, die jetzt Gegenöffentlichkeit herstellen müssen. Man hätte sich gegenseitig was geben können. So aber bleiben die Heldinnen von damals weiter unter sich. W. Schwab