Die Opposition gibt nicht nach

THAILAND Bei erneuten Ausschreitungen in Bangkok wurde ein Polizist getötet, Dutzende Menschen wurden verletzt. Angesichts der anhaltenden Gewalt könnten nun auch die Neuwahlen gefährdet sein

BANGKOK taz | Die „Empfehlung“ klang eindeutig: Die Regierung solle die Neuwahlen am 2. Februar verschieben, denn eine faire und sichere Abstimmung sei angesichts der politischen Lage nicht garantiert,erklärte Thailands Wahlkommission am Donnerstag. Stattdessen müssten alle Konfliktparteien zusehen, ihre Differenzen beizulegen.

Diese Argumentation brachte Kritiker auf die Barrikaden: Schließlich gehe die Gewalt von den regierungsfeindlichen Demonstranten aus, die versuchten, die Wahlen zu torpedieren. Aber die Wahlkommission habe versäumt, diesen Umstand eindeutig zu verurteilen. Mehr noch: Das Schüren anarchischer Zustände und der damit verbundene Ruf nach einem weiteren Militärputsch werde noch belohnt. Die Regierung machte indes klar, dass es ihr laut Verfassung gar nicht möglich sei, den Urnengang zu verschieben.

Kurz zuvor war die Lage in Bangkok eskaliert: Vor einem Sportstadion, in dem sich die Kandidaten Dutzender Parteien versammelt hatten, um der Auslosung der Listenplätze für die Wahl beizuwohnen, versuchten Protestler, die Absperrungen zu durchbrechen, und gingen auf die Polizei los. Daraufhin setzten die Beamten Tränengas und Gummigeschosse ein. Es fielen Schüsse, durch die nach Angaben der Polizei ein Beamter getötet wurde. Auch wurden Dutzende Menschen verletzt.

Die Demonstranten, angeführt von Suthep Thaugsuban, einem früheren Vizepremier, der heute der oppositionellen Demokratischen Partei angehört, lehnen Neuwahlen ab. In ihren Augen ist Premierministerin Yingluck Shinawatra, Schwester des 2006 vom Militär gestürzten damaligen Regierungschefs Thaksin Shinawatra, nur eine Marionette ihres Bruders.

In aufpeitschenden Reden macht Suthep klar, was ihm vorschwebt: das sogenannte Thaksin-Regime auszumerzen. Er und seine Anhänger wissen sehr wohl, dass das Thaksin-treue Lager mithilfe der armen Landbevölkerung aus dem Norden und Nordosten, welche die Mehrheit der Wählerschaft darstellt, erneut gewinnen würde.

Stattdessen schwebt Suthep die Einrichtung eines nicht gewählten „Volksrats“ vor, der angeblich politische Reformen einleiten soll, faktisch aber auf die Abschaffung des Prinzips „ein Wähler, eine Stimme“ zielt. Sutheps ultranationalistische Protestbewegung weiß dabei die alteingesessene Mittel- und Oberschicht Bangkoks, den alten Geldadel sowie konservative Technokraten und Militärs hinter sich, die jedoch nur eine Minderheit in der thailändischen Bevölkerung repräsentieren. So geht es darum, eigene Machtansprüche durchzusetzen. Kritische Akademiker bezeichneten die Idee eines „Volksrats“, der nur den Interessen einer vergleichsweise kleinen, konservativen Elite diene, als „faschistisch“. An demokratischen Wahlen führe kein Weg vorbei. NICOLA GLASS