Beratungen über Eingreifen in Somalia

Gespräche der Afrikanischen Union in Äthiopien folgen auf Berichte, wonach äthiopische Truppen bereits die Grenze nach Somalia überschritten haben sollen. Islamisten in der somalischen Hauptstadt Mogadischu lehnen Eingreifen ab

BERLIN taz ■ Ein Gipfeltreffen der Afrikanischen Union (AU) hat gestern begonnen, über die Entsendung von AU-Friedenstruppen nach Somalia zu beraten. Afrikanische und europäische Diplomaten wollten überlegen, wie auf ein entsprechendes Eingreifgesuch der international anerkannten Regierung Somalias unter Präsident Abdullahi Yusuf reagiert werden sollte. In Somalias Hauptstadt hatten vor zwei Wochen radikale Islamisten die Macht übernommen und die US-unterstützte Warlordkoalition „Anti-Terror-Allianz“ vertrieben. Die Regierung Yusuf, die in Somalia fast machtlos ist und ihren Sitz in der Kleinstadt Baidoa nahe der äthiopischen Grenze hat, will nun mit ausländischer Unterstützung gegen die vermeintliche islamistische Gefahr vorgehen und damit gleichzeitig die eigene Autorität stärken.

Die Entsendung ausländischer Eingreiftruppen ist in Somalia allerdings immer höchst unpopulär und bietet den Islamisten in Mogadischu einen wunderbaren Vorwand, die Bevölkerung um sich herum zu scharen. Nicht hilfreich ist, dass der AU-Gipfel am AU-Sitz in Addis Abeba stattfindet, Hauptstadt von Somalias historischem Erzfeind Äthiopien. Somalias Präsident Yusuf gilt als Verbündeter Äthiopiens. Am Samstag sagten die Islamisten in Mogadischu, 300 äthiopische Soldaten hätten bereits die Grenze überschritten. Äthiopien bestritt dies und sagte, im Gegenteil seien die islamischen Milizen in Somalia in Richtung Grenze unterwegs. In Baidoa meldete der unabhängige Rundfunksender Shabelle Radio allerdings die Ankunft von 50 Militärs aus Äthiopien, angeleitet von Milizionären des Präsidenten Yusuf. Nach dieser Meldung wurde der Radiosender von Yusufs Milizen besetzt und geschlossen.

Die letzten beiden noch in Mogadischu verbliebenen Warlords der besiegten „Anti-Terror-Allianz“ verließen inzwischen die somalische Hauptstadt per Boot und fanden Zuflucht auf einem US-Kriegsschiff.

International gibt es wenig Begeisterung über eine mögliche internationale Militärintervention in Somalia, für die ohnehin erst der UN-Sicherheitsrat das geltende Waffenembargo gegen Somalia lockern müsste, damit Eingreiftruppen ihre Ausrüstung hineinbringen können. Eine neue Somalia-Kontaktgruppe der UNO unter norwegischer Führung hatte bei ihrem ersten Treffen in New York am vergangenen Donnerstag betont, die internationale Gemeinschaft müsse ihr Engagement „an die sich ständig verändernde Dynamik in Somalia anpassen“. Nötig seien Dialog mit allen Seiten, mehr humanitäre Hilfe für die Bevölkerung, der Aufbau stabiler politischer Strukturen und die Berücksichtigung der internationalen Ängste, dass sich islamistische Terroristen in Somalia festsetzen. Die AU hingegen hat zur Unterstützung der Regierung Yusuf aufgerufen und damit Partei ergriffen. DOMINIC JOHNSON