Bund bildet mit

VON SASCHA TEGTMEIER

Der Bund darf auch künftig die Länder bei der Bildung finanziell unterstützen – jedoch nur bei den Hochschulen. Darauf haben sich am Sonntagabend die Spitzen von CDU und SPD im Kanzleramt geeinigt. Das bestätigte gestern der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der bei dem fünfstündigen Treffen dabei war.

Damit würde das umstrittene Kooperationsverbot gekippt, das einer der großen Streitpunkte bei der Föderalismusreform ist. Der jetzige Kompromiss sieht nach taz-Informationen vor, dass die jeweiligen Gesetze zur Förderung der Hochschulen vom Bundesrat abgesegnet werden müssten – dies hatte zuvor der rheinland-pfälzische Wissenschaftsminister Jürgen Zöllner (SPD) vorgeschlagen.

SPD-Chef Kurt Beck bestätigte gestern diese „Überlegung“. Der Koalitionsausschuss habe aus formalen Gründen jedoch noch keinen Beschluss fassen können, sagte er. Er hoffe, dass man bis zu den gemeinsamen Beratungen der Ministerpräsidenten mit der Bundesregierung am Donnerstag schon einen großen Schritt weiter sei.

Die bildungspolitischen Kritiker aus seiner Partei geben sich mit dem Kompromiss nicht zufrieden. Es sei „Unfug“, die Schulen auszuklammern, sagte der bildungspolitische Sprecher der SPD, Jörg Tauss, der taz. So habe das Ganztagsschulprogramm gezeigt, dass die Zusammenarbeit von Bund und Ländern erfolgreich sei. Die Vorsitzende des Bildungsausschusses Ulla Burchardt (SPD) bekräftigte gegenüber der taz ihre Androhung, gemeinsam mit weiteren Kritikern die Föderalismusreform scheitern zu lassen. In der sich andeutenden Version sei der Gesetzentwurf für sie noch nicht zustimmungsfähig. Bereits vor der Sommerpause soll das Gesetzespaket die Hürde von Zweidrittelmehrheiten in Bundesrat und Bundestag nehmen.

Der Leiter des Deutschen Instituts für Föderalismusforschung, Hans-Peter Schneider, unterstützt die Forderung, das Kooperationsverbot auch bei den Schulen zu streichen: „Gerade den Bedarf, den wir etwa bei der frühkindlichen Erziehung und der Sekundarstufe II haben, können die Länder nicht alleine decken“, sagte er der taz.

Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass sich in diesem Punkt die Union auf die Sozialdemokraten zubewegt. CDU-Politiker Koch sagte gestern, der jetzige Kompromiss markiere „die Grenze unserer Zustimmungsfähigkeit“. Ihm könne Hessen zustimmen, aber nur, wenn den Ländern „bei wichtigen Themen wie Schule, Beamtenrecht oder auch Strafvollzug nicht mehr reingeredet wird“, sagte Ministerpräsident Koch. Seine Parteikollegin und Bildungsministerin Annette Schavan, die in den vergangenen Monaten das Kooperationsverbot vehement verteidigt hatte, wollte sich gestern nicht zu dem Kompromiss äußern. Das Treffen am Donnerstag, an dem Schavan teilnimmt, müsse noch abgewartet werden, hieß es aus ihrem Ministerium.

Insgeheim dürfte sich Schavan über die Beschneidung des Kooperationsverbots jedoch freuen. Denn damit erledigen sich die rechtlichen Probleme ihres „Hochschulpaktes 2020“, auf die sie in einer Bundestagsanhörung vor drei Wochen Experten aufmerksam gemacht hatten. Mit diesem Sonderprogramm des Bundes sollen Studienplätze für die geburtenstarken Schulabgänger-Jahrgänge geschaffen werden.

Die nun vereinbarte Regelung, dass die Gesetze zur Hochschulförderung der Zustimmung des Bundesrats bedürfen, hält Schneider für sinnvoll. In der Tat wird auf diese Weise das Phänomen des so genannten Goldenen Zügels vermieden. Das heißt, der Bund kann durch Zahlungen nicht so leicht Macht in den Ländern erkaufen.

Ein Erfolg für ihren Bereich ist das Beschneiden des Kooperationsverbots für die über 500 WissenschaftlerInnen, die in den vergangenen Wochen eine Petition unterzeichneten.

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