LIEBESERKLÄRUNG
: 2014: So schlimm wird es nicht

DAS NÄCHSTE JAHR SOLLTEN WIR NICHT EINFACH ABSCHREIBEN: DENN ES GIBT JA DIE HÖHLENWASSERASSEL

Natürlich, einerseits: 2014 wird wie üblich Tod, Elend und Verwüstung bringen – so will es die Natur des Menschen. Und aus demselben Grund ebenso sicher wird 2014 Freude, Liebe und Bezauberndes für uns bereithalten. Für die meisten jedenfalls.

Aber wäre man nicht ein übellauniger, misanthropischer Ork, würde man nicht Ersteres wider besseren Wissens beiseiteschieben und Letzterem mit hoffnungsvoller Vorfreude entgegenblicken? Oft ist ja – die zwei Seiten der Medaille, Yin/Yang und der ganze spirituelle Quark, Sie kennen das – beides in einem Thema vereint! Von der notwendigen Kritik an der Verelendung ganzer Länder durch eine enthemmte Wirtschaftspolitik ist es nur ein winziger Schritt bis zum fauligen Eurokritikertum broderschen Ausmaßes. Also sollten wir uns trotz allem darüber freuen, dass am 1. Januar Lettland der Eurozone beitritt und uns der Auflösung des ganzen völkischen und nationalen Unfugs ein kleines bisschen näher bringen wird.

Denn die Prüfungen werden hart sein: 100. Jahrestag des Beginns des Ersten Weltkriegs, Fußball-WM, 25 Jahre Mauerfall, die elfte Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“, 75. Jahrestag des Beginns des Zweiten Weltkriegs – das bedeutet unendlich viele Gelegenheiten, alle mühsam antrainierten chauvinistischen Hemmungen über Bord zu werfen und sich im Morast aus schwarz-rot-goldener Selbstbesoffenheit und herbeihalluziniertem Opfergetue zu suhlen.

Doch selbst in der größten Dunkelheit findet sich Trost. Während aller drohenden Live-Schaltungen zu „Fanmeilen“, bei Auftritten von Dieter Bohlen samt Mieze Katz und Übertragungen bundespräsidialer Besinnungsreden können wir uns doch an Erfreuliches halten.

Wussten Sie, dass das Höhlentier des Jahres 2014 die Höhlenwasserassel ist? Das bis zu 8 mm lange Tierchen ist blind und unpigmentiert, lebt so friedlich wie unauffällig im Grundwasser weit unter unseren Füßen glücklich und still vor sich hin und erteilt uns damit eine Lektion in Sachen Dezenz und gutes Benehmen. Wie könnte ein Jahr, das der Höhlenwasserassel gewidmet ist, anders werden als ein trostreiches und hoffnungsfrohes? Also: Prosit 2014! HEIKO WERNING