hamburg heute
: Wattebällchen weicher werfen

Weil sie mit Wattebäuschchen in der Bürgerschaft warf, steht eine Hamburgerin vor Gericht

Wer kann schon wissen, dass man in der Hamburger Bürgerschaft nicht mit Wattebäuschchen werfen darf. Sabine Müller (Name geändert) konnte das nicht wissen, befand das Amtsgericht Hamburg im Mai vorigen Jahres und sprach die Erzieherin frei. Die Staatsanwaltschaft aber legte Revision ein, und deshalb steht Müller nun erneut vor Gericht: Der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts verhandelt heute (11 Uhr, Saal 300, Strafjustizgebäude, Sievekingplatz 3) über die „Störung der Tätigkeit eines Gesetzgebungsorgans“.

Aus Unmut über die Kita-Politik des CDU-Senats hatte Müller „im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit zehn weiteren Personen“, so die Anklage, am 27. Oktober 2004 eine diesbezügliche Debatte in der Bürgerschaft gestört. Um 17.44 Uhr, so ist es amtlich notiert, warfen sie Wattebäuschchen von der Besucherempore in den darunter liegenden Plenarsaal. Verletzt wurde niemand, aber Bürgerschaftsvizepräsidentin Bettina Bliebenich (CDU) unterbrach dennoch die Sitzung, ließ die Frauen von Ratsdienern abführen und der Polizei übergeben. Nach vier Minuten, um 17.48 Uhr, nahm das Gesetzgebungsorgan seine hoheitsvolle Tätigkeit wieder auf.

Das Amtsgericht hatte seinen Freispruch damit begründet, dass die Geschäftsordnung der Bürgerschaft nirgendwo aushänge. Also habe Müller nicht wissen können, dass das Werfen von Wattebäuschchen untersagt ist. Diese Logik vermochte die Staatsanwaltschaft nicht zu überzeugen: Sie fordert harte Strafen für weiche Bäuschchen. SMV